Die einst grauen Plattenbauten im Süden von Tegel haben Farbe bekommen. Stolz überragen die Graffiti-Hochhäuser alle anderen Wohnblocks und Bäume der Umgebung. Bis über 17 Etagen reichen die größten Murals von Berlin. Sie sind zwar etwas abgelegen, aber dafür schon von weitem zu sehen. Und sie haben sich zum “Must See” für alle Street Art Fans in Berlin entwickelt. Hier erfahrt ihr alles für euren Besuch im Art Park Tegel und könnt schonmal einen Blick auf die Kunstwerke werfen.
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Aus Platte wird Kunst – der Art Park Tegel entsteht
Plattenbauten sind meist grau und alles andere als schön. Doch bei chronischer Wohnungsknappheit hat die “Platte” durchaus ihre Berechtigung. Denn sie bietet mit ihrem zweckoptimierten Baustil und effektivem Bauverfahren vielen Menschen einen günstigen Wohnraum. Außerdem bieten die großen Fassaden der Gebäude Raum für neue Ideen.
Das sahen auch die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag und das Künstlernetzwerk URBAN NATION. Im Rahmen des “One Wall” Projekts lädt URBAN NATION regelmäßig internationale Street Art Künstler ein, um in Berlin Wand für Wand zu verschönern. Im Sommer 2016 waren sechs Wände der Plattenbauten in der Nehringer Straße an der Reihe. Der Art Park Tegel war geboren – eine der größten Außengalerien Berlins. Mittlerweile gibt es hier acht riesige Wandgemälde im Format 42 x 16 Metern. Das ist Street Art im Großformat!
URBAN NATION ist ein Netzwerk für Künstler, Projekte und Nachbarschaft der Stiftung Berliner Leben. Motto: “Connect. Create. Care.” Berliner Leben ist hingegen eine Stiftung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag und wurde 2013 gegründet. Ziel ist die kontinuierliche und nachhaltige Quartiersentwicklung in Berlin.
Tankpetrol und Queen Kong: 2268 miles & Luchadora Pachamama
Innerhalb von sieben Tagen haben Tankpetrol und Queen Kong ein bedeutendes Statement auf die Wand in der Neheimer Straße 4 gemalt: Das Pilot Girl (linke Seite, gemalt von Tankpetrol) wacht über alles und kämpft für den Weltraum und die Freiheit. Später kehrt sie verwandelt zurück und zeigt ihr zweites Gesicht: Luchadora Pachamama (rechte Seite, gemalt von Queen Kong). Sie kämpft jetzt für die Erhaltung der Natur, für Gerechtigkeit, Sicherheit und ein Zuhause für alle Menschen. Unabhängig von ihrer Herkunft, Geschlecht oder Generation.
Und was bedeuten die 2268 Meilen? Einige Menschen, die in der Neheimer Straße leben, reisten 2268 Meilen, um ein neues Zuhause und Frieden zu finden. Ein großes Mural – nicht nur bezüglich seiner Abmessungen!
Nuno Viegas, Hera & Akut: Real Recognize Real
Das Mural mit der Frau im Hoodie mit den gekrönten Tieren in der Hand ist mein Lieblingsbild im Art Park Tegel. “Ick lass Dir nicht hängen” steht auf Berlinerisch und Englisch flächendeckend im Hintergrund. Gemeint ist damit die Natur – repräsentiert durch den Bären, den Fuchs und das Reh.
Intention des Duos Herakut ist es, positive Zeichen des Lebens und des Denkens in einer Stadt zu verankern. Mit dem Mural wollen die Künstler den Berlinern ins Gedächtnis rufen, was Berlin wirklich ausmacht. Denn es sind nicht die Clubs & Co., sondern die Nähe zur Natur. Die Frau im Hoodie hat’s erkannt und erfreut sich an der Schönheit der Natur.
Das riesige Kunstwerk mit einer Fläche von 42×16 Metern entstand im Sommer 2019 in einem Zeitraum von zwei Wochen.
Tipp: Wenn ihr euch auch gleich an der Natur erfreuen wollt, dann empfehle ich euch einen Spaziergang am Tegeler See entlang. Wenn es warm genug ist könnt ihr hier baden gehen. Ansonsten könnt ihr Enten und Schwäne beobachten, ein Ruderboot ausleihen, mit einem Ausflugsdampfer fahren oder einfach nur mit einen Kaffee und einem Stück Kuchen am Ufer chillen.
London Police: ohne Titel
Bold Colours und Iconic Characters sind die Markenzeichen des Künstler-Teams London Police. Ihre Kunst ist bunt und positiv. Denn sie wollen mit ihren Werken die Menschen zum Lachen oder zum Weinen bringen und deren eigene Kreativität anregen. Ihr Mural mit den überdimensionierten Smileys steht für Teamwork und Zusammenhalten. In einer Welt des Individualismus und sozialer Unterschiede soll es den Betrachter zum Nachdenken anregen.
Collin van der Sluijs & Super A: The Starling
Wer kennt sie nicht? Die fantastischen Formationsflüge von riesigen Staren-Schwärmen am Himmel. Zu tausenden sammeln sie sich und fliegen anschließend wie ein großes Individuum in Richtung Süden. Dabei folgen sie keinem Anführer sondern sind verbinden in einer Gemeinschaft, die sich gegenseitig beschützt. Beeindruckend, oder?
Der Star in diesem Mural steht als Symbol für Gemeinschaft sowie für Migration. Das Gefieder des 30 Meter hohen Tieres schillert blau-violett. Seine Brust ist zudem fantasievoll mit Blumenranken und Edelsteinen bedeckt. Der Star mit seinem typischen Verhalten soll in diesem Mural eine Metapher für die Kultur in Berlin sein.
Fintan Magee: Circle of Life
Das 41,5 Meter hohe Mural von Fintan Magee basiert auf dem Kinderbuch ‚A Childs Garden‘ von Michael Foreman. Das Buch handelt vom menschlichen Geist, seiner Unverwüstlichkeit sowie seiner Fähigkeit, nach einer Zerstörung wieder neu zu beginnen. Sein Gemälde zeigt eine Frau mit einem Baby auf dem Arm und einen Mann. Beide stehen auf Trümmern und sind voneinander abgewandt und schauen und gehen in verschiedene Richtungen. Das war wohl kein Happy End. Trotzdem blicken beide zuversichtlich hoch erhobenen Hauptes in ihre Zukunft.
Lang erprobt und heiß geliebt: meine drei Begleiter auf Fototouren: das leichte Carbon Stativ CT-5C I von Rollei*, das Reinigungsset von Rollei* und mein unverwüstlicher Kamerarucksack, der Flipside von Lowepro*.
Pixel Pancho: Playing Card
Pixel Pancho aus Turin ist als der Typ mit den Robotern bekannt. Denn Roboter sind das perfekte Sinnbild für den menschlichen Drang, gottgleich zu sei und das Leben kontrollieren zu wollen. Es geht in Pixel Panchos Bildern um Blumen, Maschinen und Natur. Letztendlich besiegt die Natur die Maschine und erblüht. Seine Bilder stehen oft für Reizthemen unserer Gesellschaft, unter anderem, dass jeder eine Maske trägt und nicht mehr er selber ist.
In seinen Gemälden verwendet Pixel Pancho stets erdige Farben. Damit möchte er einen Bezug zur Geschichte herstellen und zudem eine antike Atmosphäre schaffen. Sein 17 Stockwerke hohes Gemälde “Playing Card” zeigt das Porträt eines Roboter-Mannes, an den Wangen und am Hinterkopf tritt messingfarbenes Metall hervor. Auf seinem Hinterkopf und Rücken wachsen bunte Blumen. Ich würde sagen, das Bild ist eindeutig inspiriert von den Blumenrabatten, welche die Plattenbauten umgeben.
Hownosm: Tiptoes
Das Markenzeichen der Zwillinge How und Nosm sind riesige Wandgemälde mit verschlungenen Motiven in Rot, Weiß und Schwarz. Ihr Mural in der Neheimer Straße zeigt ein surreales Wesen, das auf seinen Zehenspitzen steht und nach den Sternen greift.
Jim Avignon: Balloon
Hier entsteht etwas Neues. Der Street Art Künstler Jim Avignon gestaltet hier ein weiteres Mural im Rahmen des Programms “One Wall”. Der Berliner ist bekannt für seine humorvollen Bilder. Die Weltkugel mit den großen Augen und den hübsch geschwungenen Lippen sieht jedenfalls schonmal sehr freundlich aus.
Ich bin gespannt auf das fertige Wandgemälde. Denn es ersetzt ein anders Mural, das nach seiner Fertigstellung sehr umstritten war. Zu düster und deprimierend hieß es – das frühere Gemälde stand für das Flüchtlingsthema.
Und so sah es aus: Ein Flüchtlingsmädchen stand blutüberströmt in einem weißen Hemd am Fenster. Es schaute auf einen Wald. Hinten im Wald war ein nackter Mann an einen Baum gefesselt und von Pfeilen durchbohrt. Was uns der Künstler Borondo mit seinem Bild sagen wollte? Was durchaus Positives. Der Mann war zwar verwundet aber trotzdem stand er aufrecht und war stark. Der Künstler bezog sich in seinem Bild auf die Legende des heiligen Sebastian, dem meistverehrtesten Heiligen in der katholischen Kirche. Der heilige Sebastian sollte durch Bogenschützen hingerichtet werden. Doch er überlebte. Es gibt also Hoffnung für die Welt. Borondo wollte uns motivieren, wie ein Kind mit Neugier, offen und unvoreingenommen in die Welt zu blicken. Schade, dass es nicht funktioniert hat und das Bild übermalt wird. Naja, vielleicht war es nicht der richtige Platz neben einer Kita.
Lust auf mehr Street Art in Berlin?
Dann kommt mit auf einen
Street Art Spaziergang in der Bülowstraße – Kunst für alle!
Lage und Anfahrt Art Park Tegel
Der Art Park Tegel mit seinen acht Murals befindet sich zwischen der Neheimer Straße, der Bernauer Straße und dem Emstaler Platz. Am besten fahrt ihr mit der U6 bis zur Holzhauser Straße. Von dort lauft ihr etwa 20 Minuten oder fahrt vier Stationen mit den Bus Linie 133 (Richtung U-Bahnhof Haselhorst).
Wollt ihr die Street Art Szene in Berlin gemeinsam mit Gleichgesinnten auf einer geführten Tour entdecken? Dann kann ich euch diese dreistündige Street Art Tour* oder die halbtägige Tour durch das Alternative Berlin* empfehlen. Beide Touren sind auf Englisch. Liebt ihr Lost Places genauso wie Street Art? Dann ist die Tour zur ehemaligen Abhörstation am Teufelsberg* (auf Deutsch) wie für euch gemacht.
Buchempfehlungen für Street Art Fans
Ihr stöbert gerne in Bildbänden nach neuen Murals oder Artists, die ihr noch nicht kennt? Ihr liebt es, die Street Art Szene anderer Städte zu entdecken? Dann kann ich euch diese Bücher empfehlen. Per Klick aufs Bild kommt ihr zu Amazon, wo ihr die Bücher bestellen könnt. Wenn ihr über einen dieser Affiliate-Links etwas kauft, dann bekomme ich dafür eine kleine Provision und ihr helft mir, Fernweh-Motive weiterhin mit interessanten Artikeln zu füllen. Das Produkt wird für euch dadurch nicht teurer.
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Tipps zum Weiterlesen & Anschauen
Ihr liebt Street Art? Dann schaut euch doch mal meine Artikel über die Street Art in Kiew und in La Paz an. Beide Städte haben ganz unterschiedliche Murals – aber beide sind gleichermaßen beeindruckend.
[…] auf dem Plan. Zwar nicht am Panke-Weg entlang, aber in Richtung Tegeler See. Natürlich der Streetart wegen; schön grün ist es dort und mittlerweile durch die Airport-Schließung auch […]