Die Entdeckung der Langsamkeit – Hiking am Tasermiut Fjord

Hiking am Tasermiut Fjord
Die Entdeckung der Langsamkeit – Hiking am Tasermiut Fjord

Grönland. Mein linker Fuß steckt zwischen zwei Wurzeln, Äste zerren an meinem 26 Kilo Rucksack und kleine dünne Zweige reißen an meinen Haaren. Mücken schwirren vor meinen Augen und versuchen, hinter die Gläser meiner Sonnenbrille zu kommen. Es gibt kein vor und zurück, kein links oder rechts. Durchatmen und nochmal probieren. Wie weit dieses Stück Birken Dickicht noch geht, kann ich nicht sehen. Die Birken sind größer als ich. Zwergbirken sollten es sein. Dann endlich eine freie Fläche, Sumpf, ein Bach und ein paar Steine. Dahinter wartet das nächste Birken Dickicht auf mich. Fürs Hiking am Tasermiut Fjord braucht man Geduld und gute Nerven. Ihr wollt mehr? Dann lest weiter und seht, was das Wandern hier so einzigartig schön und lohnenswert macht.

Unbeauftragte, unbezahlte Werbung. Der Artikel enthält Affiliate-Links.

Hiking Tour am Tasermiut Fjord, Klosterdalen, Südgrönland
Sieht alles ganz einfach aus… doch nur ein paar Meter weiter fängt das Weiden- und Birkendickicht wieder an. Foto: James Highfill

4 Kilometer in 10 Stunden – Willkommen am Tasermiut Fjord!

Unsere wichtigsten Begleiter während unserer Hiking Tour am Tasermiut Fjord: Sonnenbrillen, um unsere Augen vor Zweigen zu schützen, Trekkingstöcke, meine Drohne um den nächsten Wegabschnitt zu erkunden, Schokolade und Geduld. Jeder Schritt wollte sorgfältig gesetzt sein. Hier, am Tasermiut Fjord, galten die Regeln der Natur. Welche Vorstellungen wir von unserer Trekkingtour hatten, war der Natur egal. Schon bald ließen wir unsere Erwartungen fallen, passten uns an und achteten plötzlich auf Dinge, für die wir zuvor keine Augen hatten. Nach sechs Tagen am Tasermiut Fjord kamen wir bis auf ein paar blaue Flecken wohlbehalten und pünktlich zum Sonnenuntergang in Klosterdalen an. Die Berge vor uns leuchten in orangefarbenem Licht und Wolken umspielten die schroffen Gipfel des Ketil und weiterer, namenloser Gipfel. Was tut man nicht alles für solche Momente.

Klosterdalen am Tasermiut Fjord Südgrönland
Was kann schöner sein, als am Ende des Hikes einen solchen Blick auf die Berge zu haben!

Tipp: Ihr wollt lieber paddeln statt wandern? Kajaks könnt ihr über die Tourist Information oder über das Blue Ice Cafe in Narsarssuaq organisieren.


Im Patagonien von Grönland

Manche bezeichnen den Tasermiut Fjord als “Patagonien von Grönland”. Andere nennen die Gegend das “Yosemite der Arktis”. Aber egal wie man den Ort nennt, einig sind sich alle: es sind die schönsten Berge in ganz Grönland.

Der Tasermiut Fjord in Südgrönland ist berühmt für seine schroffen Berge und bei Bergsteigern, Wanderern und Kajakern gleichermaßen beliebt. Neben den Bergen prägen Schneefelder an den Bergflanken, Gletscher, wilde Flüsse und tiefhängende Wolken das Bild vom Fjord. Wer hier wandern geht, der erlebt hautnah, wie grün Grönland ist.

Ulamertorsuaq am Tasermiutfjord
Schroff und herausfordernd: der Ulamertorsuaq am Tasermiutfjord.

Zu den “Großen Wänden” am Tasermiut Fjord gehören der Ulamertorsuaq (1.858 Meter, die arktische Version des El Capitan im Yosemite), der Nalumasortoq (2.054 Meter, geformt wie ein offenes Buch) und schließlich die riesige Granitpyramide des Ketil (2.010 Meter). Am Ende des Fjords ragt noch eine weitere große Wand empor: der 1.400 Meter hohe und drei Kilometer breite Tasermiut-Gletscher.


Hiking Routen am Tasermiut Fjord

Es gibt mehrere “empfohlene Routen” von Tasiusaq nach Klosterdalen, die in der Wanderkarte Südgrönland Tasermiut fjorden – Nanortalik 1:100.000 eingetragen sind. Die Routen führen am Fjordufer entlang oder durch die Flusstäler Qinnguadalen, Tupaassat und Klosterdalen. Es handelt sich hier nicht um Wanderwege oder Pfade. Und ehrlich gesagt: zumindest am Fjordufer ist die Empfehlung der Karte völlig nutzlos. Man muss dort seinen eigenen Weg finden. Vielleicht ist es in den Flusstälern anders. Nur ganz am Anfang, nahe Tasermiut, gibt es eine Schotterstraße und Pfade bzw. Schafpfade. Ansonsten handelt es sich um wegloses Gelände: Wiesen, Blaubeergestrüpp,  Sumpf, Weidenbüsche und Zwergbirken. Abschnitte führen am Ufer entlang, das teils mit größeren Felsen übersät ist. Da ist Klettern angesagt. Einfacher wird es bei Niedrigwasser (Gezeitentabelle Nanortalik). Die Wanderkarte gibt aber neben den empfohlenen Routen auf ihrer Rückseite noch weitere hilfreiche Informationen zum Wandern, Kajaken, Klettern, Angeln sowie zur Natur und zum Verhalten in der Natur am Tasermiut Fjord. Lesenswert und wichtig zu wissen!

Was in der Karte fehlt: Die Brücken über zwei Gletscherflüsse sind nicht eingetragen. Die eine führt über den Fluss Kuussuaq udn die andere über den Fluss zwischen den Bergen Ulamertorsuaq und Ketil.

Hiking Klosterdalen am Tasermiut Fjord
Endspurt! Der Wasserfall in Klosterdalen ist ganz links im Bild schon zu sehen.
Auf der Suche nach dem besten Weg… Foto: James Highfill

Hiking am Tasermiut Fjord und Klosterdalen in Südgrönland

Tag 1: Bootstransfer und Wanderung von Saputit zum Fluss Kuussuaq

Kurz nach Abfahrt unseres Bootes nach Saputit warfen wir unseren Plan A über Bord und entschieden uns stattdessen für die kürzere Wanderstrecke am Ostufer des Tasermiut Fjords: Nur ca. 32 Kilometer anstelle der großen Runde durch die Flusstäler Qinnguadalen, Tupaassat und Klosterdalen mit ca. 65 Kilometern. Mit einer kürzeren Strecke würden wir flexibler auf den für die ganze kommende Woche angesagten Regen reagieren und einfach mal im Zelt auf besseres Wetter warten können. 

Für den Bootstransfer zum Start eurer Hiking Tour am Tasermiut Fjord nehmt am besten über Facebook Messenger Kontakt mit Serano Boat Tours auf. Wir haben gleich für den Folgetag einen Transfer bekommen.

Fühlt sich seltsam an, wenn das Boot einen irgendwo am Ufer zurücklässt…

Regen, Regen, Regen, Regen, Regen, Regen….

Den Regen im Zelt abwarten taten wir dann auch schneller als uns lieb war. Kaum haben wir nach unseren ersten 7,5 Kilometern unser Zelt aufgebaut, fing es an zu regnen. Elf Stunden Starkregen, Wind und sogar ein kleines Gewitter verbannten uns bis zum Mittag am folgenden Tag ins Zelt. Die Wiese war schon bald überflutet und die Regentropfen pressten sich durch beide Zeltwände. Durch den Zeltboden drang an manchen Stellen ebenfalls das Wasser. Doch was Positives gibt’s immer: Der Kochtopf, den ich über Nacht in meiner Apsis stehen hatte, war am Morgen randvoll mit Regenwasser für den Frühstückskaffee gefüllt. Zum Glück hatte ich meinen Rucksack nach der ersten Dusche in der Apsis noch regensicher abgedeckt. Allerdings wurden meine Stiefel am Anfang etwas eingeweicht.

Gewitter sind in Grönland äußerst selten. Zum Glück blieb es weit entfernt, denn sonst hätten wir uns was einfallen lassen müssen. Im Zelt ist man bei Gewitter nicht sicher. Mehr über Sicherheit beim Zelten während Gewitter findet ihr hier.

Tasermiut Fjord Südgrönland
Sieht ein bisschen aus wie Morder bei “Herr der Ringe”.

Infos zur Strecke

Länge: Mit dem Boot: ca. 32 Kilometer (ca. 45 min); an Land: ca. 7,5 Kilometer. Alternativ könnt ihr euch auch in Tasiusaq absetzen lassen. Das hübsche, 25 Einwohner zählende Örtchen hat einen kleinen Supermarkt und ihr könnt das Ferienhaus von Serano mieten. Eure Wanderstrecke wird dadurch etwa 5 Kilometer länger.

Camp 1: Am nördlichen Ufer des Flusses Kuussuaq ist eine große offene Wiese zum Campen. Die Wiese ist als geeignetes Camp in der Wanderkarte eingetragen. Allerdings haben auch Schafe an der Wiese Gefallen gefunden, weshalb diese mit Kötteln übersät ist. Es gibt eine Mülltonne und eine Feuerstelle.

Weg: Anfangs Schotterweg, vorbei an zwei Schaf-Farmen; später Pfad (Schafpfade); mehrere Zäune müssen entweder an der richtigen Stelle zum Öffnen oder an den vorgesehenen Überkletterstellen durchquert werden; über den Fluss Kuussuaq führt eine Brücke, Furten ist nicht notwendig (wäre bei dem Wasserstand, den wir fanden auch nicht möglich gewesen)!

Trinkwasser: Vom Fluss Kuussuaq neben dem Camp. Wegen dem allgegenwärtigen Schafkot ggf. das Wasser desinfizieren, z. B. mit Mikropur Forte Tabletten*. Bei uns hat es ohne geklappt.

Brücke über Fluss Kuussuaq am Tasermiut Fjord
Hindernislauf zur Brücke über den Fluss Kuussuaq.

Trekkingstiefel, Hikingstöcke, Handschuhe und alles was ihr sonst noch für eure Hiking Tour am Tasermiut Fjord in Grönland gebrauchen könntet, findet ihr bei Bergzeit.


Tag 2: Bootstransfer und Einrichtung im Camp 2

Als wir uns am folgenden Tag gegen Mittag aus dem Zelt trauten, stand Christian vor uns. Er war mit zwei norwegischen Gästen zum Fischen gekommen. Nach kurzem Plaudern bot er uns eine Bootsfahrt zum nächsten Camp an. Zuerst lehnte ich ab, wir waren ja schließlich zum Wandern hergekommen. Rund 15 Kilometer sollten es an dem Tag noch sein. Doch am Ende siegten mein innerer Schweinehund und meine nassen Trekkingstiefel. Wir packten schnell zusammen, kletterten ins Boot und waren nach holprigen zwanzig Minuten im Camp. Während der Fahrt klarte sogar das Wetter etwas auf. Als wir uns dem Camp näherten trauten wir unseren Augen nicht: zwei Paraglider flogen mit ihren bunten Schirmen einen der Berge hinab.

Camp am Tasermiut Fjord Südgrönland
Unser Camp für drei Tage. War es das schlechte Wetter, mein geschwollener Knöchel oder einfach nur die tolle Aussicht auf die Berge, was uns nicht weitergehen ließ?

Eigentlich dachten wir, auf unserer Wanderung keine Menschenseele zu treffen. Doch kaum angekommen, tauchte Luc auf. “Do you like to join us and have a cup of tea with me and my friends? “ – Na klar! Seine Freunde waren Kletterer aus Frankreich und Belgien. Seit drei Wochen waren sie hier im Camp und erkletterten neue Routen. Unter ihrem Tarp neben dem großen Felsen sah es richtig wohnlich aus: Ein Tisch, Bänke aus Steinen, ein großer Kochtopf und jede Menge anderes nützliches. In der Ecke hing sogar ein Netz mit gesammelten Lappland Tee zum trocknen. Vor dem Lager hielt Emma die Stellung, eine Steinfrau mit Haaren aus Seetang.

Abends brach die Wolkendecke dann noch weiter auf und gab den Blick auf die Berge frei. Das Panorama war unbeschreiblich schön. Wir standen ganz ehrfürchtig da, solange bis die Wolken die Berge wieder für sich einnahmen.

Infos zur Strecke

Länge: im Boot: ca. 17 Kilometer (ca. 20 min)

Camp 2: An beiden Ufern des Flusses zwischen den Bergen Ketil und Ulamertorsuaq sind offene Wiesen zum Campen. Diese sind nicht in der Wanderkarte eingetragen.

Besonderheiten: Über den Fluss ist eine Hängebrücke gespannt.

Trinkwasser: vom großen Fluss neben dem Camp

Mein Schlafzimmer- und Küchenfenster hätte kaum besser sein können.

Tage 3 und 4: Kurze Wanderungen vom Camp 2

Wir blieben drei Nächte im Camp. Das Wetter ludt nicht zum Weitergehen ein und mein Knöchel war am Abend schmerzhaft angeschwollen. Das musste bei der holprigen Bootsfahrt passiert sein. Umgeknickt bin ich nicht und eine Überlastung vom im Zelt sitzen und den Regen abwarten war auch unwahrscheinlich… Statt weiter in Richtung Klosterdalen zu wandern, machten wir zwei kürzere Wanderungen in der Umgebung mit leichtem Gepäck.

Die erste Wanderung führte uns zunächst über die Hängebrücke und dann parallel zum Ufer in Richtung Süden. Hier gab es einen Pfad, der einfach zu laufen war. Wir sind diesen bis zu dem nächsten Gletscherfluss gegangen und dann noch ein Stück landeinwärts auf Schafpfaden.

Die Hängebrücke ist stabiler als sie aussieht.

Unterwegs hielten wir immer wieder Ausschau nach Moschusochsen. Doch wie wir im Nachhinein erfuhren, soll es die nur am westlichen Ufer des Tasermiut Fjords geben. Stattdessen erfreuten wir uns an kleineren Weggefährten: neugierige Vögel, die näher kamen und uns oftmals eine Weile begleiteten. Sobald wir uns hinsetzten und eine Pause machten hockten sie auf den benachbarten Steinen und schienen überhaupt keine Scheu vor uns zu haben.

Am nächsten Tag sind wir von unserem Camp aus dem Pfad flussaufwärts gefolgt bis er sich irgendwann im dichten Gestrüpp verlor. Da das Gestrüpp noch vom Regen nass war, wurden auch meine Stiefel schnell wieder nass. Denn beim Durchlaufen streifte ich das Wasser von den Pflanzenteilen, welches dann an meinen Beinen bis auf die Schuhe runterlief.

Die tief hängenden Wolken waren in den Fjorden Südgrönlands ganz häufig zu sehen.
Camp mit Blick auf den Ketil.

Tag 5: Jetzt gehts los: Aufbruch Richtung Klosterdalen

Wir planten unseren Aufbruch für den folgenden Tag, laut Wetterbericht unseres Garmin inReach Mini 2* sollte die Sonne scheinen. Dann hätten wir noch zweieinhalb Tage Zeit, bis uns Serano mit dem Boot in Klosterdalen abholt. Die acht Kilometer Strecke sollten wir doch locker schaffen. Und wenn wir in Klosterdalen sind, könnten wir dort noch kleinere Erkundungen machen. Zumindest haben wir uns das so gedacht… es kam anders.

Die ersten paar hundert Meter laufen wir am Ufer entlang.

Wir wurden schnell eines Besseren belehrt: Für die 8 Kilometer brauchten wir sage und schreibe zwei Tage mit einmal sieben und einmal 10 Stunden wandern (inkl. Pausen). Sümpfe, Sträucher, Weidengebüsch und riesige Zwergbirken ließen jeden Meter zu einem kleinen Kampf werden. Dabei fing doch alles ganz entspannt an. Bei Sonnenschein und einer leichten Briese führten die ersten paar hundert Meter einen Pfad und anschließend am Ufer entlang. Dann wurden die Felsen größer und das Ufer steiler, so dass wir bergauf ausweichen mussten. Zuerst dachten wir, das dichte Gebüsch ist nur stellenweise da und kann leicht umgangen werden. Doch irgendwann wurde es immer flächiger und es gab keine andere Möglichkeit, als quer durch zu gehen. Gegen vier Uhr Nachmittags hatten wir genug. Neben einem kleinen Bach schlugen wir unser Camp auf und packten zur Belohnung die Whiskyflasche aus.

Am Anfang wirkten die Weiden- und Birkengebüsche noch wie ein vorübergehendes Übel, das man irgendwie umgehen konnte. Foto: James Highfill
Gut 70% der Strecke führten uns durch Gebüsch. Manchmal sind wir schier verzweifelt, weil wir kaum voran kamen oder gar stecken blieben und zurück gehen mussten. Foto: James Highfill

Ein paar Worte zur Sicherheit: Seid euch darüber bewusst, dass ihr euch beim Wandern durch das Birkendickicht jeden Moment den Knöchel brechen könnt. Fest geschnürte Trekkingstiefel Kategorie BC sind unabdingbar. Trainiert eure Balance mit schwerem Rucksack auf den Rücken: Kniebeugen auf einem Bein, Ausfallschritte etc. Habt euer Erste Hilfe Set griffbereit, so dass ihr ggf. schnell einen (Druck-)Verband anlegen könnt. Übt das vorher! Plant ausreichend Zeit ein, um etwaigen Regen im Zelt aussitzen zu können und um in dem schweren Gelände nicht hetzen zu müssen. Unter Zeitdruck läuft es sich hier nicht gut. Und damit ihr am Ende noch was von der tollen Landschaft in Klosterdalen habt: tragt eine Sonnenbrille und schützt eure Augen vor stechenden Zweigen.

Nach sieben Stunden hatten wir genug und sparten uns das restliche Gebüsch für den nächsten Tag auf.

Infos zur Strecke

Länge: ca. 7 Kilometer

Gehzeit inkl. Pausen: ca. 7 Stunden

Camp 3: unterwegs, neben einem kleinen Bach

Weg: Wegloses Gelände: Anfangs Ufer, dann Sumpf, Sträucher, Weidengebüsch und Zwergbirken

Besonderheiten: Es sind kleinere Bergbäche zu queren, was meist mit Trittsteinen, einem Sprung oder einfachem Durchlaufen möglich ist. Nur einen Bach mussten wir durchfurten, was aber sehr einfach war.

Trinkwasser: unterwegs von zahlreichen Bergbächen

An den vielen Bergbächen konnten wir unterwegs immer wieder Trinkwasser nachfüllen. Wir haben es “pur” getrungen – also ohne irgendwelche Filterung oder Desinfektionstabletten. Das mag aber von jedem Magen unterschiedlich gut vertragen werden.

Tipp: Kleine Schätze*, die das Outdoorleben leichter machen:


Tag 6: Durch die Wildnis bis nach Klosterdalen

Je weiter wir in Richtung Klosterdalen kamen, umso dichter wurde die Wildnis. Ich hatte zwar in Blogartikeln über Klosterdalen gelesen, dass es stellenweise nur mit 1 km/h vorangeht. Aber dass es hier am Fjordufer gut 70% der Strecke so sein wird, hatte ich nicht gedacht. (Im Nachhinein ist das jedoch klar, dass es so sein wird, denn schließlich bleibt man an der Küste in einer Höhenlage mit ähnlichen Bedingungen. Die Berge werden im hinteren Fjord höher und schaffen ein wärmeres, windstilleres Mikroklima und somit beste Wuchsbedingungen). Aus der Wanderkarte im Maßstab 1:100.000 war der Bewuchs ebenso wenig zu erkennen, wie die eingezeichnete “empfohlene Route”. Aus Sorge, einen Pfad oder offenes Gelände zu übersehen, schickte ich meine Drohne in die Luft. Auf den Fotos haben wir uns dann die beste Strecke ausgesucht. Meist ging es von Felsen zu Felsen, denn dort war die Vegetation nicht ganz so dicht. Ab und zu konnten wir am Ufer laufen, bzw. über Felsen klettern. Erst der letzte Kilometer am Ufer entlang ließ uns etwas entspannen.

Je weiter wir in den Fjord hineingingen, umso dichter wuchsen die Birken.
Der Gletscher am Ende des Fjords ist rund 1400 Meter hoch. Foto: James Highfill
Da war der letzte Kilomter bis Klosterdalen eine richtige Erholung. Foto: James Highfill

Zum Sonnenuntergang standen wir am Camp in Klosterdalen. Die letzten Sonnenstrahlen färben Ketil und Co. in warmem Orange. Was für eine tolle Belohnung für die bisher wohl schwierigste Wanderstrecke, die ich gegangen bin.

Am Nachmittag nahm der Wind immer weiter zu. Am Abend war es an unserem Camp dann so stürmisch, dass ich unser Zelt besonders sorgfältig abspannte. Aber auch mit Wind war der Blick auf die Berge einfach fantastisch. Wir zogen noch eine weitere Kleidungsschicht an und genossen die Aussicht. Kurz nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, flachte auch der Wind ab. Doch mit der Ruhe kamen die Mücken.

Ein bisschen windig, aber wunderschön: unser letztes Camp am Tasermiut Fjord.

Die Mücken von Klosterdalen

Einige der Mücken wurden Teil unseres Abendessens: Kartoffelbrei mit eingeweichtem Trockengemüse. Es waren die kleinen Mücken, ähnlich wie die Midges in Schottland, und auch größere Stechmücken. In Klosterdalen waren es deutlich mehr als unterwegs oder in den anderen Camps. Doch für mich war es ohne Mückennetz über dem Kopf noch immer ok. Die meisten Mücken hingen bei meinem Partner rum, der sich dann auch ein Netz über den Kopf zog. Von dem Mückenspray Deet, was wir benutzten, zeigten sich die Mücken eher unbeeindruckt. Da schaut am besten mal in Nanortalik, dass ihr ein regionales Mückenspray besorgt, das auf die Mücken hier abgestimmt ist.

Infos zur Strecke

Länge: 4 Kilometer

Gehzeit inkl. Pausen: 10 Stunden

Camp 4: Klosterdalen, südlich vom Fluss. Das Camp ist in der Wanderkarte eingezeichnet.

Weg: Wegloses Gelände: Sumpf, Sträucher, Weidengebüsch und Zwergbirken. Am Ende Ufer mit Felsen.

Besonderheiten: Je weiter man in den Fjord hineinwandert, umso dichter wird die Vegetation. Keine nennenswerten Bachquerungen.

Trinkwasser: unterwegs von zahlreichen Bergbächen; vom Fluss Uiluii Kuua neben dem Camp

Tasermiut Fjord Klosterdalen
Die Erhabenheit der Natur wird hier durch Licht und Wolken nochmal unterstrichen.

Tag 7: Bootstransfer Klosterdalen – Tasiusaq – Nanortalik

Am nächsten Tag kam unser Boot zwei Stunden früher als erwartet – “We expect strong wind in the afternoon and we could not sail then – so we came earlier” sagte der Captain. Dreißig Minuten später saßen wir im Boot, das Wasser war spiegelglatt und die Klosterruinen des Klosterdalen werden wir uns wohl ein anderes Mal ansehen.

Woher Serano wusste, dass wir schon am Treffpunkt waren? Ich hatte ihm die Internetadresse von meinem Garmin inReach gegeben. Die Trackingfunktion zeichnete jede halbe Stunde unseren Standort auf, so dass er unsere Route auf der Karte nachverfolgen konnte.

Hier, in dem abgelegenen Tal, stand im 10. Jahrhundert übrigens ein Augustinerkloster – daher auch der Name Klosterdalen. Heute gibt es nur noch ein paar Ruinen, die jedoch kaum mehr zu erkennen sein sollen. Wir haben sie aus Zeitgründen leider nicht mehr suchen können.

Tasermiut Fjord Klosterdalen
Die Klosterruinen von Klosterdalen sind auf der anderen Seite des Flusses. Doch der Fluss war nicht so einfach zu queren. Und da unser Boot zwei Stunden früher kam als erwartet, blieb mir der Versuch bzw. die Suche nach einer geeigneten Stelle erspart 😉
Bei Niedrigwasser wird der Strand gleich um einiges breiter.

Zwischenstop in Tasiusaq

Bis nach Nanortalik sind es mit dem Boot etwa 70 Kilometer, rund 1,5 Stunden Fahrt. Je näher wir zur Mündung des Fjords kamen umso höher wurden die Wellen und der Wind wurde immer stärker. Weiße Schaumkronen zogen sich über die brechenden Wellen und Wasser spritzte in unsere kleine Nussschale. Grönland zeigte uns mal wieder mit Leichtigkeit wie klein und verletzlich wir sind. Wie leicht hätte eine der größeren Wellen kombiniert mit einem Windstoß unser kleines Boot umwerfen können. Wir drehten ab und ließen uns mit dem Wind zurück bis zu dem kleinen Ort Tasiusaq treiben.

Das spiegelglatte Wasser lässt einen jetzt nicht unbedingt glauben, dass es ein paar Minuten später in der Mündung des Fjords Sturm und große Wellen geben wird, oder?

Am späteren Nachmittag sollte der Wind wieder schwächer werden. Man musste nur ein bisschen warten. Das blaue Holzhaus von Serano ludt uns mit warmem Ofen und Kaffee zum Verweilen ein (ihr könnt das Haus auch mieten). Im kleinen Supermarkt des 25 Einwohner zählenden Dorfes bekommen wir auch alles für ein leckeres Mittagessen (Kartenzahlung möglich).

Gegen fünf Uhr Nachmittags brachen wir dann schließlich auf und waren schon bald darauf zurück in Nanortalik. Nach unserer Hiking Tour am Tasermiut Fjord freuten wir uns auf eine warme Dusche. Auf dem Weg zum Hotel stoppten wir noch kurz im Supermarkt und kauften noch ein paar Leckereien für den Abend.

Traurige Geschichte: Alle Einwohner des Dorfes Tasiusaq sind vor rund 140 Jahren verhungert. Erst in den 1930er Jahren wurde das Dorf von Nachkommen und Familienangehörigen der ursprünglichen Bewohner wieder besiedelt.

Tasiusaq voraus! Bei Rückenwind wirken die Wellen gar nicht mehr so hoch…

Noch ein paar zusätzliche Infos zum Schluss

Ich versuche die Wolken zu hypnotisieren, damit sie endlich verschwinden und es aufhört zu regnen…
Alles naß!
Veggie Pemmican – oder so was Ähnliches ;-). War einfach zu machen, lecker und während unserer Tour eine willkommene Kalorienbombe!
Nach zwei Tagen im Birkendickicht… ich frag mich ja wirklich, wie meine Beine nach einer Woche Gestrüppwandern aussehen würden…

Wie kommt man zum Tasermiut Fjord?

Der Tasermiut Fjort in Südgrönland ist relativ gut erreichbar. zumindest für grönländische Verhältnisse. Im Flieger gehts von Reykjavik nach Narsarsuaq. Von dort hat man die Wahl: entweder im teuren Helikopter von Air Greenland bis Nanortalik oder per Boot. Da wir eh schon auf halber Strecke (Narsaq) waren, sind wir mit dem Boot weiter gereist.

Die Bootsfahrt könnt ihr bei Discoline buchen. Die Durchführung erfolgt dann oft mit den Booten vom Blue Ice Cafe.

Von Nanortalik braucht man dann ein Charter Boot, das einen bis zum Tasermiut Fjord bringt. Wir haben in der Touristinformation um Hilfe gebeten. Dort haben wir den Kontakt zu Serano Boat Tours bekommen und konnten gleich für den nächsten Tag einen Transfer vereinbaren. Die Kosten für den Transfer hin und zurück waren 700 Euro (Stand 2022).

Wie typisch für Grönland gibt es auch in Nanortalik die bunten Häuser. Früher hatten die unterschiedlichen Farben der Häuser auch bestimmte Bedeutungen. Gelb stand zum Beispiel für Krankenhäuser, Wohnhäuser von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen.

Büchertipps für Grönland

Ihr wollt wissen, wo die Reise hingeht? Dann kann ich euch diese Bücher* empfehlen.

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Ausrüstung

Unten seht ihr die Ausrüstung, die wir zu unserer Hiking Tour am Tasermiut Fjord mitgenommen haben. Das meiste davon hat sich gut bewährt. Nur meine Goretex Stiefel waren nach vier Jahren häufigem Einsatz nicht mehr wasserdicht (warum auch immer). Außerdem hätte ich mir gewünscht, dass unser Zelt weniger Regen durchgelassen hätte. 1500 mm Wassersäule für das Außenzelt und 1800 mm für den Boden waren etwas wenig. Aber dafür war das Zelt leicht und hat auch im starken Wind zuverlässig gestanden.

Camping

Küche

Navigation und Sicherheit

Kameraausrüstung

Kleidung

  • Regenjacke
  • Regenhose
  • Softshellhose
  • Hiking Leggins
  • Fleecepulli
  • Daunenjacke
  • Merino Longsleeve
  • 2 Merino T-Shirts
  • 2 paar Merinosocken
  • Trekkingstiefel Kategorie BC
  • Camp- und Watschuhe Keen
  • Gamaschen
  • Buff
  • Wasserdichte Handschuhe SealSkinz
  • Mütze

Hygiene

  • Minihandtuch
  • Ökoseife wär ganz gut gewesen, haben wir aber vergessen
  • Sonnencreme
  • Moskitospray Deet
  • Moskitonetz
  • Toilettenpapier

Sonstiges


Wart ihr selber schon mal in Grönland? Vielleicht sogar zu einer Hiking Tour am Tasermiut Fjord? Wie hat es euch gefallen? Habt ihr noch Fragen zu meinem Artikel? Wenn ja, dann schreibt mir doch einen Kommentar!

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Grönland im Winter
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4 Kommentare

  1. Hallo Mareike,

    ein außergewöhnlicher und gelungener Reisebericht.
    Beim Lesen bekommt man eine Gänsehaut. Ich konnte eure Strapazen regelrecht spüren. Die Bilder stimmungsvoll, brillant = alles rundum gelungen.
    Berührt hat mich die Formulierung: „… nach den Regeln der Natur …“ Ich glaube und das ist meine Meinung, wir sollten alle Staatsoberhäupter dieser Welt nach Grönland schicken (Ohne Komfort!!). Eine Maßnahme, um zu begreifen, dass man in erster Linie die Naturgesetze respektieren muss. Ich hoffe, dass viele Menschen Deine Berichte lesen, begreifen und handeln!

    Regine

    • Liebe Gine,
      danke für Deine schönen Worte!
      Ja, es ist nach wie vor so, dass die Natur uns einiges beibringen kann/könnte, wenn man sie denn ernst nimmt.
      Alles Liebe
      Mareike

  2. Hallo Mareike,

    da ich die Gegend auch schon unter den Füßen hatte möchte ich (auch zur Vermeidung von Fehleinschätzungen und Misserfolgen durch Nachahmer) ein paar Punkte anmerken.

    In den Flusstälern Qinnguadalen und Tupaassat ist die Karte nicht hilfreicher oder weniger hilfreich als am Fjord. Sie teilt halt mit das es irgendwie ohne Bergsteigen geht, wie genau muss man selbst rausfinden. Allerdings ist das Gelände dort noch um einiges anspruchsvoller. Mehr und dichteres Gebüsch, größere Sümpfe, in den höheren Lagen sehr blockig und dazwischen Zonen mit halbhohem Gebüsch auf großen Blockfeldern, so dicht das man nicht richtig sieht wo man hintritt – ganz übles Knochenbrechergelände. Dazu zwei schwere Bachquerungen (der Bach im Klosterdalen ist im Vergleich harmlos, da zwar tief aber fester Grund und langsam fließend). Die Bachquerungen lassen sich vermutlich vermeiden, allerdings tauscht man dann die wenigen halbwegs gängigen Kilometer auch noch gegen schwer aussehendes Gelände.
    Ich habe für die Strecke von Tasiussaq zu den Klosterruinen (wirklich nicht sehenswert, der Platz an sich ist halt sehr schön) sechs Tage gebraucht (zur Einordnung: für die Strecke welche du als zwei Wandertage a 7 und 10 Stunden beschreibst habe ich in Gegenrichtung etwa 6 Stunden benötigt). Wer durch die Täler läuft hat es an den Ruinen mehr oder weniger geschafft, der Weg am Fjord nach Tasiussaq ist dann Formsache.

    In letzter Zeit kommt es immer häufiger vor das in der Gegend auch im Sommer noch einige Eisbären unterwegs sind. Da es schwierig ist einfach woanders hinzufahren sollte man sich vorher überlegen ob und wie man damit umgehen kann. Z.b. Warnzaun für Nachts mitbringen (gibt es vor Ort nicht, falls doch nicht benötigt kann man ihn in Nanortalik oder Tasiussaq lassen), vor Ort Waffe leihen oder kaufen und vorher den Umgang damit erlernen. Überlegen welchen Schlafsack man wie nutzen möchte (wer drei Minuten braucht um im Halbschlaf den Reißverschluss zu finden hat auch mit Warnzaun schlechte Karten).

    Die Einheimischen am Fischmarkt in Nanortalik und im Supermarkt in Tasiussaq organisieren die Transfers auch. Man muss halt ein paar Stunden Wartezeit einkalkulieren bis jemand Zeit hat. Kostet dafür weniger als halb so viel. Ob man sich darauf verlässt bei dieser Variante auch wie vereinbart an den Ruinen abgeholt zu werden muss jeder selbst wissen. Persönlich würde ich mich für nur die Strecke am Fjord immer reinfahren lassen und rauslaufen. Aus Tasiussaq kommt man sicher irgendwie weg.

    Viele Grüße
    Holger

    • Hallo Holger,
      vielen Dank für deine umfangreichen Ergänzung, die noch viele weitere hilfreiche Hinweise enthält. Es ist wahrlich kein einfaches Gelände. Ich freu mich für dich, dass du die große Runde ganz geschafft hast.
      Viele Grüße, grad aus Schweden
      Mareike

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