Norwegen. Geschichte, Kultur und Natur reihen sich entlang der National Scenic Route Varanger Fjord dicht an dicht wie Perlen auf einer Kette. Je weiter man Richtung Nordosten fährt, umso spektakulärer wird die Landschaft, die Sichtungen von Rentieren häufen sich und ein Besuch der Vogelinsel Hornøya wird zum unvergesslichen Erlebnis. Im folgenden Artikel zeig ich euch, was mir an der Varanger Scenic Route ganz besonders gefallen hat.
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Überblick
Die Varange Scenic Route ist eine der 18 nationalen Touristenstraßen Norwegens und landschaftlich besonders speziell. Sie führt auf einer Länge von 160 km am Ufer vom Varanger Fjord von Varangerbotn bis nach Hamningberg. Ihr seht Mondlandschaften, goldene Stände, sanfte Hügel, karge Bergrücken, Birkenwälder und Sumpf. Und natürlich jede Menge Rentiere und Vögel. Dazu kommt ihr an historisch interessanten Orten vorbei. Die Geschichte der Samischen Bevölkerung, der Finnischen Siedler, der Nähe zu Russland und zuletzt des Zweiten Weltkrieges sind an vielen Orten und in verschiedenen Museen erlebbar.
Die Straße zwischen Svartnes und Hamningberg ist schmal und kurvig. Nehmt euch Zeit beim Fahren und genießt die Landschaft. Im Winter (November/Dezember bis April/Mai) ist die Straße gesperrt. Wichtig zu wissen: Es gibt auf diesem Abschnitt der National Scenic Route Varanger Fjord keine Tankstelle und keinen Shop. Ihr werdet ganz sicher länger bleiben, als geplant, daher nehmt reichlich zu Trinken und zu Essen mit.
Varanger Sami Museum in Varangerbotn
Das Varanger Sami Museum beschäftigt sich mit der Geschichte der Seesamen am Varangerfjord, der samischen Vorgeschichte und der zeitgenössischen samischen Kultur. Die hier modern aufbereiteten Informationen gehen weit über die Basisinformationen, die man in vielen anderen Ausstellungen erhält, hinaus. Das Hauptgebäude wurde 1994 errichtet und ist von der traditionellen samischen Architektur inspiriert.
Zur Übernachtung kann ich euch das 8-Season Hotel gegenüber vom Museum sehr empfehlen.
Ceavccageaðge/Mortensnes
Das Gebiet Ceavccageaðge/Mortensnes gilt als eines der reichsten und vielfältigsten Kulturregionen Skandinaviens. Überreste aus der Vergangenheit dokumentieren eine 10.000 Jahre währende, ununterbrochene Besiedlung. Die Spuren der Siedlungen kann man heute als Überreste von Lagerplätzen, Torfhäusern und anderen Wohnstätten sowie Opferplätzen und Gräbern sehen. Die Grabstätte entlang der Küste wurde bis ins 17. Jahrhundert genutzt, als die Christianisierung der Samen in Varanger begann. Auf Sámi ist der Ort nach einem der Opfersteine benannt: Ceavccageaðge, was Fischöl-Stein bedeutet. Dieser vertikal aufrecht stehende Stein wurde mit Fischöl bestrichen, um das Glück des Fischfangs zu sichern.
Es gibt einen kostenlosen Wanderweg durch das Gebiet, und im Sommer hat ein Museum mit einem kleinen Café geöffnet. Innerhalb des Museumgeländes liegt zudem ein kleines Torfhaus, in dem man nach Anmeldung auch übernachten kann.
Kirche von Nesseby
Die Kirche von Nesseby liegt direkt am Ufer zwischen zwei Buchten vom Varanger Fjord. Doch besticht die Holzkirche nicht nur durch ihre fotogene Lage sondern auch durch ihre Geschichte:
Die Kirche von Nesseby stammt aus dem Jahr 1858 und ist die einzige Kirche in der östlichen Finnmark, die nicht im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Wie wurde sie gerettet? Davon erzählt eine Legende: Sverre Raddum war während des Krieges der Pfarrer. Der große, kräftige Kerl war als harter Bursche bekannt. Als die Deutschen die Kirche von Nesseby niederbrennen wollten, stand Sverre auf der Treppe und wartete mit dem Priesterkragen um den Hals und ließ sie nicht hinein. Auf Deutsch sagte er: “Wenn jemand mit bösen Gedanken in die Kirche oder in ein Gotteshaus geht, dann wird er garantiert von höheren Mächten bestraft werden”. Die Deutschen gaben auf, die Kirche war gerettet.
Die Gegend um die Kirche von Nesseby ist ausgewiesenes Naturschutzgebiet. Ein Spaziergang lohnt sich. Hier können mit etwas Glück Watvögel, Enten, Gänse, Möwen und Raubvögel beobachtet werden.
Luftschiffmast von Vadsø
Die etwa 5500 Einwohner zählende Stadt Vadsø ist aufgrund der Welle finnischer Einwanderer im 18. und 19. Jahrhundert als Kven-Hauptstadt Norwegens bekannt. Das lokale Museum bietet eine Ausstellung über die Kven-Kultur sowie die Geschichte der Region.
Für mich persönlich war am interessantesten, dass Vadsø der Ausgangspunkt für die Erkundungsflüge von Amundsen und Nobile in Richtung Nordpols war. Der Luftschiffmast erinnert an diese Zeit der großen Polarforscher.
An dem Luftschiffmast machte 1926 das Luftschiff “Norge” fest. Von hier startete “The Amundsen – Nobile – Ellsworth Transpolar Flight” über Spitzbergen und den Nordpol nach Alaska. Im Jahr 1928 landete hier das Luftschiff “Italia” mit Umberto Nobile auf dem Weg zum Nordpol. Auf dem Rückweg verunfallte das Luftschiff und eine Rettungsaktion begann, bei welcher der Polarforscher Amundsen tödlich verunglückte.
Der Luftschiffmast ist Teil vom zwei Kilometer langen Vadsø Kulturpfad. Dieser führt an weiteren historischen Überresten aus dem Mittelalter und dem zweiten Weltkrieg vorbei.
Ekkerøy – Beach and Birds am Varanger Fjord
Ekkerøy ist eine kleine beschauliche Halbinsel und ein lohnenswertes Ziel für Birdwatcher und Strandliebhaber. Ein breiter Sandstrand verbindet die ehemalige Insel mit dem Festland und ist ein perfekter Ort für die Mittagspause.
Wer zu den Vogelfelsen will, fährt noch ein Stück weiter und parkt sein Auto direkt am Trailhead. Zwei unterschiedlich lange Rundwege (1,5 km oder 7 km) führen von hier durch das Naturschutzgebiet. Während der Brutzeit von Mai bis September nisten auf den Vogelklippen bis zu 20.000 Dreizehenmöwenpaare. Silbermöven, Mantelmöven und Kolkraben nutzen den Felsen ebenfalls als Nistplatz. Die reichen Nahrungsgrundlagen im Umfeld des Vogelfelsens ziehen auch weitere Vogelarten an, wie Seeadler, Gerfalken, Rauchfussbussard, Turmfalken und Merlin.
Die Siedlung Ekkerøy wurde während des Zweiten Weltkriegs nicht zerstört. In der ehemaligen Fischfabrik ist heute ein Museum untergebracht.
Kittywake Hotel und Kriegsrelikte am Varanger Fjord
Habt ihr schonmal ein Kittywake Hotel gesehen? Nein? Dann habt ihr am Hafen von Kiberg die Gelegenheit dazu.
Kiberg war im 16. und 17. Jahrhundert eine der größten Fischereigemeinden in der Region und spielte in der Zeit des Pomorenhandels eine wichtige Rolle. Während des Zweiten Weltkriegs war das Dorf wegen seiner Nähe zu Russland von strategischer Bedeutung, denn bis zu 45 Partisanen arbeiteten hier für die Sowjetunion. Das Partisanenmuseum berichtet von den lokalen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. Am Berg, oberhalb des Hafens, befinden sich noch Reste von Bunkern als Zeugnisse der Geschichte.
Heksefjellet (Hexenberg) Domen
Auf dem Weg von Kiberg nach Vardø fahrt ihr am Berg Domen vorbei. Ein besonders auffälliger Windschutz der Architekten “Biotop” in weiss mit pinkfarbener Verglasung lädt zum Verweilen ein. Man sagt, hier am Berg Domen haben sich die Hexen mit dem Teufel getroffen, getanzt, getrunken und Zeremonien abgehalten. Der Teufel soll hier in einer Höhle gelebt haben. Befand sich hier vielleicht sogar der Eingang zur Hölle? Von Domen aus hat man einen großartigen Blick auf den Fjord, das offene Meer und die kleine Stadt Vardø.
Vardø: Hexen, Street Art, Birdwatching
Vardø ist die östlichste Stadt Norwegens und neben Hammerfest ist sie auch die älteste Stadt Nordnorwegens. Außerdem ist Vardø die einzige Stadt auf dem norwegischen Festland, die in der arktischen Klimazone liegt. Das heisst die mittlere Monatstemperatur im Juli liegt unter 10° Celsius. Die beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Vardø sind die Gedenkstätte zur Hexenverbrennung, die Walstatue Drakkar-Leviathan, die Festung Vardøhus sowie das Pomor-Museum, das der Geschichte des Handels zwischen Norwegen und Russland im späten 19./frühen 20. Jahrhundert gewidmet ist.
Festung Vardøhus in Vardø
Die Festung wurde 1738 fertiggestellt und umfasst im Inneren Gebäude aus der Zeit vor 1825. Heute steht sie unter dem Kommando der norwegischen Streitkräfte und ist tagsüber für Besucher geöffnet. Im Zweiten Weltkrieg war die Festung der letzte Ort in Norwegen, der sich den Nazis ergab. Danach war die Stadt fünf Jahre lang besetzt. Die Festung Vardøhus ist die nördlichste Festung der Welt.
Steilneset – im Gedenken an die Hexenverbrennung
Die Gegend rund um Vardø war eine der schlimmsten Gegenden, was das Ausmaß der brutalen Hexenverfolgungen anbelangt. Die Gedenkstätte Steilneset in Vardø wurde zum Gedenken an die 91 Menschen errichtet, die der Hexerei für schuldig befunden und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Ein 100 Meter langer Gang erzählt die Geschichten der einzelnen Personen. Die Texte basieren auf den alten Gerichtsakten. Der Gang führt zu einem Raum, in dessen Mitte ein Stuhl brennt. Die Flammen vervielfachen sich in aufgehängten Spiegeln.
Street Art in Vardo
Vardø war einst eine lebendige Fischergemeinde. Doch die Einwohnerzahl der Stadt halbierte sich zwischen den 1960er und 2000er Jahren, was teilweise auf den Zusammenbruch der Fischereiindustrie zurückzuführen ist.
Viele traditionelle Holzgebäude standen leer und wurden aufgegeben. Obwohl sie leer stehen, haben diese denkmalgeschützten Gebäude allesamt Eigentümer, die sich eine angemessene Restaurierung oft nicht leisten können. Die Idee des Street-Art-Projekts im Jahr 2012 war, dass die Kunst, die an diesen Gebäuden geschaffen wird, diese aus dem Koma erwecken kann, was dem Kunstfestival seinen Namen gab: “Komafest”.
Hornøya – Birdwatchers Paradies im Varanger Fjord
Varanger ist eines der 100 besten Reiseziele der Welt, um Vögel zu beobachten. Kein anderer Ort bietet einen so einfachen Zugang zur arktischen Vogelwelt. Insbesondere die Insel Hornøya gilt als Birdwatcher’s Paradiese.
Vom Hafen von Vardo kann man mehrmals am Tage zu der Insel Hornøya übersetzen. Für mich war dies übrigens der Hauptgrund für die Reise zum Varanger Fjord. Was es hier gibt? Tausende von Brutvögeln und einen Pfad, der einen mitten durch die Brutkolonien führt. Papageientaucher, Krähenscharben, Trottellummen, Tordalke, Dreizehenmöwen und viele andere Arten brüten hier dicht an dicht und versuchen sich gegenseitig mit lautem Gekreische zu übertönen. Zum Wohl der Tiere darf der Pfad nicht verlassen werden. Am Ende des Weges steht ein Leuchtturm, in welchem auch übernachtet werden kann.
Nordpol Kro
Das am Hafen gelegene Nordpol Kro gibt es seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Damit ist es Nordnorwegens ältestes Gasthaus. Es ist urgemütlich und man fühlt sich wie in einen andere Zeit zurück versetzt wenn man es betritt. Im Jahr 1889 soll der Polarforscher Fritjof Nansen hier seine letzte Unterkunft gehabt haben, bevor er zur Fram 2-Expedition zum Nordpol aufbrach.
Moderne Architektur trifft Birdwatching
Über die Varanger Halbinsel verteilt befinden sich mehrere architektonische Highlights der Firma Biotop. Die Architekten haben sich auf Fotoverstecke und Windshelter spezialisiert. Ihr findet Vogelbeobachtungshütten von Biotop in Vestre Jakobselv, Vadsø, auf der Insel Ekkerøya, Kiberg, auf dem Hexentanzplatz Domen, auf der Insel Hornøya, an der Spitze der Landzunge Steilnesodden und in Hamningberg.
Hamningberg, die aufgegebene Fischersiedlung am Ende der Strasse
Hamningberg ist ein verlassene Fischerdorf. Viele der bunten Holzgebäude sind aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Damals lebten hier etwa 700 Menschen und der Ort war eine der größten Fischergemeinden in der Finnmark und nahm am Pomorhandel teil. Die letzten drei Bewohner verließen Hamningberg 1978. Heute ist die Siedlung ein Sommerferien-Ort und wirkt keineswegs verlassen.
Für die Fahrt nach Hamningberg kann man gut und gerne einen ganzen Tag einplanen. Die Route wird landschaftlich mit jedem Kilometer spektakulärer und Fotostopps und Pausen, um diese steinige Mondlandschaft auf sich wirken zu lassen, sind ein Muss. Beispielsweise der Strand von Sandfjordneset, an dem sogar ein Tisch mit Stühlen bereit steht.
Die bunten Holzhäuser von Hamningberg sind insbesondere vom gegenüberliegenden Ufer hübsch anzusehen. Es gibt ein kleines Café mit Terrasse und einen Wanderweg zur Festungsruine auf dem Berg. Wer über Nacht hier bleiben möchte, kann dies auf dem Campingplatz westlich des Ortes.
Rentiere
Hauptattraktion von Hamningberg waren in meinen Augen die Rentiere, die hier in kleinen Trupps zwischen den Bergen, dem Ort und dem Strand umher liefen. An dem warmen Sommertag suchten sie wohl am Meer eine kleine Abkühlung. Ich hab es den Rentieren nachgemacht und bin auch hinein ins kalte Wasser der Barentssee. Wenn man einmal drin ist, ist es auch gar nicht mehr so kalt.
Ich hab nirgendwo anders in Norwegen, Schweden oder Finnland so viele Rentiere gesehen, wie hier an der Varanger Halbinsel. Nach etwa der halben Strecke auf der Scenic Route streiften immer wieder Herden links und rechts der Strasse. Einmal war sogar unsere Unterkunft von einer grasenden Herde umgeben. Am fotogensten waren jedoch die Rentiere am Stand von Hamningberg.
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