Naturverträglich Campen – Tipps zum Nachmachen und Mitmachen

Google merkt sich alles. Die schlaue Suchmaschine weiss sogar, wie oft in den letzten drei Monaten innerhalb Deutschlands die Begriffe “Camping”, “Natur” und “Naturcamping” gesucht wurden. Auch für die Ausdrücke “nachhaltig campen” und “naturverträglich Campen” wusste Google eine Antwort. Die jedoch wirft Fragen auf. Dazu gleich mehr. Hier erstmal die Statistik:

  • Camping 1 Mio. – 10 Mio.
  • Naturcamping 10.000-100.000
  • Nachhaltig campen 10-100
  • Naturverträglich campen 1-10

Kurze Zeit nach meiner Keyword-Recherche bin ich dann über eine Werbung gestolpert. Google wusste ja nun dass ich gerne Campen gehe und schlägt mir eine Lösung vor, wie ich in Zukunft noch viel bequemer und komfortabler campen kann: mit einer Klimaanlage fürs Zelt! Wow!!! Beindruckend war auch das Bild, wie sich das Camping-Pärchen draußen vorm Zelt von der Klimaanlage die kalte Luft ins Gesicht pusten lässt. Natürlich alles ökologisch mit Solarstrom. Das Solarmodul gibt es passend dazu…

Ist eine solarbetriebene Klimaanlage fürs Zelt das einzige, was uns das Internet zum Thema nachhaltiges Camping anbieten kann?

Ich bereite grade eine Wander- und Campingreise auf die Lofoten vor. Die Inselgruppe nördlich des Polarkreises ist ein Magnet für alle Naturliebhaber und Fotografen und während der Saison mehr als gut besucht. Da ist ein verantwortungsvolles Verhalten in der Natur besonders wichtig. Während der Reisevorbereitungen konnte ich im Internet noch ein paar mehr Ideen zum nachhaltigen Campen finden. Im Folgenden lest ihr, wie man seinen Campingtrip naturverträglicher und nachhaltiger gestalten kann.


# 1 Darf man oder darf man nicht? Das freie Campen in der Natur

Manche Länder erlauben das freie Campen in der Natur. Die meisten Länder jedoch nicht. Außerdem werden Unterschiede gemacht, ob ihr motorisiert unterwegs seid oder nicht. Macht euch vorher für euer jeweiliges Reiseziel schlau. Schaut dabei auch, ob es Schutzgebiete gibt, in denen eventuell ergänzende oder abweichende Regeln gelten.

Wildcampen ist in Deutschland generell verboten. Alternativen zum Campingplatz sind die immer zahlreicher werdenden Trekkingplätze. Allerdings muss man frühzeitig reservieren oder ankommen, da nur wenige Stellplätze verfügbar sind. Für Wasserwanderer gibt es besonders gekennzeichnete Rast- und Lagerplätze. Die findet ihr beispielsweise in den DKV-Flussführern oder in den Wassersport-Karten vom Jübermann-Verlag.

Wenn ihr mit dem Camper unterwegs seit, dann findet ihr beispielsweise bei Alpacacamping schöne, individuelle Stellplätze.

Mit Dachzelt und Lada Niva auf einem Rastplatz in Georgien.
In Georgien ist freies Campen erlaubt. Doch die Stellplätze müssen dennoch verantwortungsvoll ausgewählt werden. Hier stehen wir am Rande eines Wanderparkplatzes.

# 2 Friluftsliv und Jedermannsrecht

Ihr plant eine Camping-Tour in Skandinavien? Informiert euch über das im jeweiligen Land geltende Jedermannsrecht. Auch wenn viele Camper mit dem Jedermannsrecht eine grenzenlose Freiheit assoziieren – das ist ein Wunschdenken. Es gibt Regeln und Grenzen. Und wer die nicht kennt, tritt schnell ins Fettnäpfchen. Und je mehr Fettnäpfchen in die Natur gekippt werden, umso mehr Einschränkungen wird es irgendwann geben. Zu Recht. Wir haben nur eine Natur. Und diese ist keine unendlich nachwachsende Ressource.

Hier könnt ihr die Regeln für Norwegen, Schweden und Finnland nachlesen. Für Schutzgebiete gelten oftmals weitere Regeln. Informiert euch im Internet oder fragt in Besucherzentren oder bei der lokalen Touristeninformation nach. Die freuen sich über jeden, der verantwortungsbewusst und vorausschauend mit der Natur umgeht.

In Dänemark, auf den Färöer-Inseln und auf Island ist das Jedermannsrecht deutlich strenger oder gar nicht vorhanden.

Ein windiger aber besonders schöner Stellplatz im Camp an der Botnar Hütte auf dem Laugarvegur, Island.

# 3 Ein guter Campingplatz wird gefunden, nicht gemacht

Es ist nicht schwierig, einen offiziellen Campingplatz in der Karte zu finden. Schwieriger wird es dann schon, einen Platz auf einem der Trekkingplätze zu buchen. Wenn es nun keinen Camping- oder Trekkingplatz gibt und es rechtlich erlaubt ist, muss man dann schon etwas genauer hinschauen, um einen guten Stellplatz für sein Zelt zu finden:

Auf einem guten Stellplatz steht das Zelt nicht im Weg – weder anderen Wanderern noch Tieren, die zur Wasserstelle wollen. Wenn an einem einladenden Platz viele Tierspuren sind, dann ist das ein deutliches Zeichen, dass euer Zelt hier stören würde und ihr eventuell sogar in der Nacht tierischen Besuch bekommt. Eine gute Wahl ist ein Platz, auf dem ihr die Natur so wenig wie möglich beeinflusst. Ein Untergrund aus Fels, Stein, Sand, Kies, Schnee oder trockenem Gras ist wesentlich unempfindlicher als Moos und sumpfiges Gelände. Wenn ihr weiche Schuhe im Camp tragt tut ihr nicht nur euren Füßen was Gutes sondern vermindert zudem das Entstehen von Trampelpfaden rund ums Zelt. Wenn ihr am nächsten Morgen euer Zelt abbaut, verwischt die Spuren des Zeltes und versucht die plattgedrückten Gräser wieder aufzustellen. Warum? Damit reduziert ihr die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Camper zu der Stelle angezogen werden und ein Camp mit deutlichen Nutzungserscheinungen, Bodenverdichtungen und abgetragener Vegetationsdecke entsteht.

Haltet euch an das Motto “Leave No Trace”, nicht stören und nichts zerstören.

Leave nothing but footprints, take nothing but pictures.

# 4 Wer auspackt muss auch einpacken

Kommt euch folgende Situation bekannt vor: ihr erreicht eine kleine Schutzhütte im Wald und im Abstand von einigen Metern um die Hütte leuchten weiße Taschentücher in den Büschen? Papiertaschentücher sind aus Zellstoff, also ursprünglich aus Holz. Doch die Hersteller machen sie immer reißfester. Dadurch werden sie immer haltbarer und es kann bis zu fünf Jahre dauern, bis sie vollständig abgebaut sind.

Wie lange Müll zum Verrotten braucht, hängt von seiner Zusammensetzung und von den herrschenden Umweltbedingungen ab. Einige Abfallstoffe können den Ökosystemen schaden und die Natur dauerhaft mit schädlichen Rückständen belasten (Stichwort Mikroplastik). Oft wird der Müll Wildtieren zum Verhängnis oder zur tödlichen Falle.

  • Apfelgehäuse: 2 Wochen
  • Bananenschale: mindestens 6 Wochen, oft 1 bis 2 Jahre
  • Orangenschalen: 2 bis 3 Jahre
  • Papiertüte: 6 Wochen
  • Cornflakes- und Müsliverpackungen: 6 Wochen
  • Papiertaschentuch: 3 Wochen bis 5 Jahre
  • Alufolie: 200 bis 400 Jahre
  • Plastiktüten: 100 bis 500 Jahre
  • Plastikflasche: 450 bis 5.000 Jahre
  • Tetrapack: 50 bis 100 Jahre
  • Nylonfasern: 60 Jahre 

Quelle: Utopia.de

Wäre es nicht toll, wenn jeder seinen Müll wieder einpackt und in den dafür vorgesehenen Containern entsorgt? Haben die Leute, die den Platz vor euch genutzt haben, was liegen gelassen? Dafür ist bestimmt auch noch Platz in eurem Müllbeutel. Die Natur wird es euch danken.

Zum Müll zählen auch vermeintlich natürliche Dinge wie Essensreste oder Bananenschalen. Packt auch diese in euren Müllbeutel, damit keine Wildtiere angelockt werden. Auch menschliche Abfälle sind Abfälle. Doch wie man in den Wald scheißt ohne die Natur dabei anzuscheißen erkläre ich demnächst in einem eigenen Artikel.

Ein Mülleimer in the Middle of Nowhere – Mt. Kailash, Tibet
Pick up 3 Pieces – eine Initiative auf den Orkney Inseln

# 5 Trekkingessen selbst herstellen und Müll vermeiden

Trekkingnahrung ist meist in Einzelportionen verpackt und dadurch besonders bequem zuzubereiten. Das ist praktisch, produziert aber auch eine Menge Müll. Müsliriegel, die alle einzeln verpackt sind oder Trekkingnahrung in dicken, beschichteten Beuteln müssen nicht sein. Ihr könnt innerhalb von wenigen Minuten Müsliriegel selbst herstellen und umweltfreundlicher verpacken. Mit etwas mehr Zeitaufwand könnt ihr Lebensmittel dörren und eure selbst zusammengestellten Trekkingmahlzeiten in wiederverwendbaren Ziploc-Bags eintüten. Im Internet gibt es eine Vielzahl an Rezepten für Trekkingnahrung und Anleitungen zum Dörren. Beim Zusammenstellen der Trekking-Mahlzeiten sind eurer Kreativität keine Grenzen gesetzt.

Sauerkraut, Röstzwiebeln und Lauch – passt super zu Kartoffelbrei.
Fruchtleder aus Apfelmus, Chiasamen und Kürbiskernen
Bunte Mischung aus Gemüse und Linsen

# 6 Wie kommt man hin?

Der wohl relevanteste Punkt für die Naturverträglichkeit einer Reise ist die Anreise. Egal ob Campingtrip oder Hotelurlaub. Viele Reiseziele innerhalb Europas lassen sich gut mit der Bahn erreichen. Streckenwanderungen von A nach B funktionieren ohnehin am besten mit öffentlichen Transportmitteln. Und eine Bahn- oder Busfahrt kann die Tour gleich noch etwas abenteuerlicher machen. Manchmal auch im positiven Sinne. Klar, die DB ist nicht grade für Pünktlichkeit bekannt und häufiges Umsteigen mit viel Gepäck ist lästig. Aber manchmal ist ja auch der Weg das Ziel und langsames Reisen hilft dabei, mental und körperlich gleichzeitig an seinem Reiseziel anzukommen.

Ich habe mir vorgenommen, meine eigenen Flüge zu reduzieren und vor jeder Reise nach Alternativen zum Flug zu schauen. Oder auch das Reiseziel zu hinterfragen bzw. dann vor Ort auf Bus und Bahn umzusteigen. Diesen Sommer werde ich zum Großteil mit dem Zug reisen und auf den Lofoten werden wir komplett zu Fuß oder mit dem öffentlichen Bus unterwegs sein.

Offroad-Abenteuer mit Tourbussen
Offroad-Abenteuer mit dem Bus
Hard Sleeper Klasse Lhasabahn
In der Hardsleeper Klasse auf dem Weg von Xining nach Lhasa.

# 7 Die Ausrüstung: Kaufen oder leihen? Neu oder gebraucht? Reparieren oder ersetzen?

Die Outdoor-Industrie wirbt mit grenzenloser Freiheit, Abenteuern und Selbstverwirklichung. Man braucht nur dies und jenes zu kaufen und schon ist man mit dabei. Doch braucht man wirklich alles selbst? Muss man für eine einwöchige Tour eine eigene Pulka kaufen? Braucht man ein GPS oder kann man sich eines von einem Freund ausleihen? Braucht man noch einen vierten oder fünften Fleecepulli?

Einige Outdoorausstatter sowie Jugendherbergen oder Tour-Companys bieten Leihausrüstung zu moderaten Preisen an. Das spart Rohstoffe, Energie und Geld. Und jeder, der vor Ort was leiht, muss es nicht dorthin tragen.

Und wenn es dann doch irgendwann die eigene Skiausrüstung oder das eigene Kajak sein soll, dann reicht vielleicht auch was Gebrauchtes? Oder umgekehrt: nicht mehr benötigte Ausrüstungsteile machen vielleicht jemand anderem eine Freude und gehen nochmal mit ihrem neuen Besitzer auf große Tour? Das ist besser, als die Teile wegzuwerfen oder im Keller einstauben zu lassen.

Alles was benutzt wird kann auch mal kaputt gehen. Aber muss man es dann wirklich wegwerfen und was Neues kaufen? Vieles kann mit einfachen Handgriffen repariert werden. Manche Outdoor-Ausstatter haben sogar eine eigene Reparaturabteilung eingerichtet. Das ist deutlich günstiger als gleich was neues zu kaufen.

Tipp: Achtet beim Stiefelkauf darauf, dass dieser neu besohlt werden kann.

Reparatur auf dem Laugavegur. Das hielt für den Rest der Tour. Doch irgendwann, war der Stiefel auch an anderen Stellen so fertig, dass ein neues Paar nötig war.
Leihausrüstung von der Fjällstation Saltoluokta, Schweden.

# 8 Nachhaltige Outdoor-Kleidung

Der Begriff Nachhaltigkeit ist im Zusammenhang mit Outdoor-Artikeln immer häufiger zu lesen. Manchmal als leere Worthülse, oft aber auch mit konkretem Inhalt. Recycelte Materialien, Merinowolle von glücklichen Schafen, PFC-freie Membranen oder Daunen ohne Lebendrupfung sind einige Punkte, mit denen geworben wird.

Der beste und einfachste Tipp ist der: Schaut euch vorher an was ihr kauft. Vergleicht unterschiedliche Anbieter. Kauft nur das, was ihr braucht und kauft keine Billigartikel auf Kosten der Natur.


Büchertipps für nachhaltiges Camping

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Empfehlungen zum Weiterlesen

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Island Trekking auf dem Laugavegur
Feucht, stürmisch und unwiderstehlich – Island Trekking auf dem Laugavegur
Roadtrip Georgien: im 4×4 Lada Niva von Kutaissi durch Swanetien

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