Schottland. Wo gibt es Rentiere in Schottland? Und wie bekommt man sie zu sehen? Hier erfahrt ihr alles über einen Besuch der Rentiere in den Cairngorms, der einzigen freilaufenden Rentierherde in Schottland. Ein unvergessliches Wildlife-Erlebnis zwischen niedlichen Kälbern und Respekt einflößenden Geweihen.
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Mitten unter Rentieren
Ist sich ein Rentier eigentlich bewusst, wie raumgreifend sein Geweih ist? Ich bin mir nicht so sicher und lasse es lieber nicht darauf ankommen. Doch manchmal ist das Ausweichen gar nicht so einfach. Etwa 30 Tiere mischen sich zwischen uns Besucher und folgen mit uns zusammen unseren Guides zu einer kleinen Baumgruppe.
Die Rentiere in den Cairngorm-Bergen sind an Menschen gewöhnt – und sie sind bestechlich: Wenn es Futter gibt, will jedes Rentier das Erste sein. Und wenn das Futter alle ist, dann holen sich manche noch eine extra Streicheleinheit ab. Doch das ist unseren beiden Guides vorbehalten. Wir Besucher dürfen die Rene nicht füttern oder streicheln. Das fällt schwer. Aber auch das Beobachten allein ist ein ganz besonderes Erlebnis, denn selten kommt man Rentieren so nah.
Was mich an den Rentieren so beeindruckt? Sie trotzen nicht nur dem subarktischen Winter der Cairngorms, sondern auch dem schottischen Regen. Ich brauche etwas länger, um mich an den schottischen Regen zu gewöhnen. Und anstelle ein nasses Rentier zu kraulen, wische ich immer wieder die Regentropfen von meiner Kameralinse. Zum Glück kommt später noch die Sonne heraus. Nur auf den Regenbogen über der Rentierherde warte ich leider vergeblich.
Schnell habe ich mein Lieblings-Rentier gefunden: ein kleiner Albino. Unter dem weissen Fell schimmert seine rosafarbene Haut hervor. Er hat sogar schon zwei kleine Hörner. Diese sind mit einem dünnen, ebenfalls weißen Fell überzogen. Ich habe selten etwas niedlicheres gesehen und kann mich kaum mehr von dem Kleinen lösen.
Faszination Rentiere
Rentiere haben mich schon immer fasziniert. Nicht nur, weil sie den Schlitten mit den Weihnachtsgeschenken ziehen, sondern weil sie für die traditionelle Lebensweise vieler indigener Völker so bedeutsam sind. Sie sind zugleich Nahrung, Wärmespender und Transportmittel. Also Lebensgrundlage und Lebensversicherung in einem.
Schon in der Steinzeit waren Rentiere eine begehrte Jagdbeute. Vor etwa 5.000 Jahren begannen dann Völker Sibiriens, die Rentiere zu domestizieren. Meist wurden sie als Last- und Zugtiere genutzt. Erst im 17. Jahrhundert begann die Herdenwirtschaft. Bis heute wird in Lappland, Sibirien und der Mongolei Rentierwirtschaft betrieben, meistens halbnomadisch. Das bedeutet, dass die Menschen den halbwilden Herden auf ihren Wanderungen zu den besten Weidegründen folgen. Regelmäßig werden die Tiere zusammengetrieben, um die Kälber zu markieren und Tiere zum Schlachten auszuwählen. In Gegenden mit wenigen Ressourcen wurden die erlegten Rentiere komplett verwertet: das Fleisch als Nahrung, das Fell für Pelze, die Knochen und das Geweih zur Herstellung von Werkzeugen und sogar das Blut als Heilmittel.
Auch wenn es in heutiger Zeit immer weniger Rentierherden gibt, so sind sie mit der traditionellen indigenen Kultur weiterhin eng verbunden. Es gibt Rentierfestivals und Rentierrennen, wie beispielsweise im Rahmen der Samischen Woche in Tromsø. Auch im Tourismus spielen Rene eine immer grössere Rolle. So werden beispielsweise im winterlichen Lappland Rentierschlittenfahrten angeboten. Wer ein noch intensiveres Erlebnis sucht und die Arbeit der Rentierhirten kennenlernen möchte, der wird in Lappland, Russland oder der Mongolei fündig (steht übrigens weit oben auf meiner Reise-Wunschliste). Hier ist es möglich, die Hirten eine Weile zu begleiten und beim Zusammentreiben der Herden zu helfen.
Wo leben Rentiere?
Tundra und Taiga der Nordhalbkugel
Rentiere sind die am weitesten nördlich lebende Großsäugerart. Sie leben in der Tundra und Taiga von Nordamerika und Eurasien sowie auf Grönland, Ellesmere, Spitzbergen und der Wrangelinsel. Im Osten von Island lebt eine eingeführte Rentierpopulation. In Nordamerika sind Rene auch unter dem Namen Karibu bekannt. Rentiere trotzen tiefen Temperaturen und finden selbst im arktischen Winter unter dem Schnee noch Fressen. Wo es möglich ist, weichen sie jedoch vor dem Winter in südlichere Gebiete aus und unternehmen zum Teil bis zu 5000 Kilometer weite Wanderungen.
Eingeführte Art auf der Südhalbkugel
Walfänger brachten Rentiere als lebenden Fleischvorrat auf die subarktischen Insel Südgeorgien und die Kerguelen auf der Südhalbkugel. Die Rentiere schädigten jedoch die Vegetation zu sehr und wurden 2013/14 von Südgeorgien wieder entfernt. Auf den Kerguelen lebt weiterhin eine Population von etwa 4.000 Tieren.
Rentiere in Schottland
Nach dem Ende der letzten Kaltzeit, vor rund 10.000 Jahren, starb das Rentier auf den Britischen Inseln aus. Im Jahr 1952 brachte der Same Mikel Utsi die ersten Rentiere aus Schweden zu den Cairngorms. Die Berge der Cairngorms in Schottland sind die höchste, kälteste und schneereichste Hochebene der Britischen Inseln. Es ist die einzige Region Großbritanniens, die als Lebensraum für Rentiere geeignet ist.
Die Rentiere der Cairngorms in Schottland
Wie sind die Rentiere in die Cairngorm-Berge nach Schottland gekommen? Die Geschichte beginnt mit den Flitterwochen von dem Samen Mikel Utsi und seiner Frau Dr. Ethel Lindgren. Sie besuchten 1947 die Cairngorms. Die Vegetation, allem voran die Flechten, erinnerte sie an die Rentierweiden in Lappland. Ein ausgezeichneter Lebensraum für Rentiere!
Im Jahr 1952 brachte das Ehepaar dann die ersten sieben Rentiere aus Schweden nach Schottland. Bald folgten weitere Tiere und es wurden Ausflüge zu der Rentierherde in die Berge angeboten. Nach dem Tod von Mikel Utsi und seiner Frau übernahm 1988 das Ehepaar Smith die Herde. Die Smith leiteten bereits zuvor den Betrieb des Rentiercenters.
Heute zählt die Herde etwa 150 Tiere. Sie weiden auf den Berggipfeln und auf zusätzlichen 6.000 Hektar Freiland. Weitere Weideflächen befinden sich an den Nordhängen des Cairngorm, wo es auch einen eingezäunten Bereich gibt. Hier leben etwa 50 Rentiere abgegrenzt, unter anderem, um die Kälber zur Welt zu bringen.
Die Rentiere verbringen ihr ganzes Leben in den Cairngorms. Das können im besten Falle bis zu 19 Jahre sein. Sie werden weder verkauft noch für ihr Fleisch geschlachtet. Um die Größe der Herde auf etwa 150 Tiere zu beschränken, wird gezielt gezüchtet. Die meisten männlichen Tiere sind kastriert. Die zeugungsfähigen Bullen leben abgetrennt von der Herde. Um den Genpool zu bereichern und die Herde gesund zu halten, werden außerdem Bullen aus Schweden zur Zucht eingesetzt.
Besuch des Cairngorm Reindeer Centre
Das Rentiercenter liegt etwa 11 Kilometer von Aviemore, dem touristischen Zentrum der Cairngorms, entfernt. Hier befindet sich ein kleiner Shop, eine Ausstellung sowie Paddocks. Außerdem werden Wanderungen zu den Bergwiesen der Rentierherde angeboten. Für aktuelle Detailinformationen schaut am besten auf der Seite des Cairngorm Reindeer Centre nochmal nach. Insbesondere während der Corona Einschränkungen können sich Angebote und Öffnungszeiten schnell ändern.
Wanderung zu den Bergwiesen der Cairngorm Rentiere
Anfahrt: Vom Cairngorm Reindeer Centre geht es mit dem eigenen Fahrzeug noch weitere 1,6 Meilen bis zum Ausgangspunkt der Wanderung.
Kosten: Erwachsene £17.50; Studenten/Senioren £15; Kinder ab 3 Jahren £12,50
Zeiten: Bis August zweimal täglich um 11 Uhr und 14.30 Uhr. Ab September nur noch einmal am Tag um 11 Uhr.
Dauer: 1,5 bis 2 Stunden
Tipps für das richtige “Rentier-Outfit”
Die Tour zu den Rentieren findet bei jedem Wetter statt, also auch bei Regen (außer bei extremem Wind und Schnee). Regenjacke und am besten auch Regenhose gehören also zur Grundausstattung. Nach der anfänglichen kurzen Wanderung zu den Rentieren (ca. 20 Minuten, im Winter etwas länger) bewegt man sich wenig und das Gelände ist sehr exponiert. Daher ist je nach Witterung auch was Warmes unerlässlich, eventuell sogar Mütze und Handschuhe. Aber das wichtigste sind ordentliche Schuhe: Gummi- oder knöchelhohe Wanderstiefel. Das Gelände ist zum Teil sumpfig und man sinkt schnell ein.
Und wo es sumpfig ist, da sind auch Midges. Solltet ihr also Glück mit dem Wetter haben, das heißt kein Wind und Regen, dann packt ein Mückenspray ein. Und danach: sucht euch nach Zecken ab, die kommen hier leider auch vor.
Kennt ihr die Rentierherde in den Cairngorms in Schottland? Oder habt ihr schon mal an einem anderen Ort Rentiere aus nächster Nähe erleben können? Wo war das?
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