Vogelfotografie Hornøya – Guide zu der Vogelinsel im arktischen Norwegen

Vogelfotografie Hornøya – Guide zu der Vogelinsel im arktischen Norwegen

Norwegen. Wer im hohen Norden Norwegens unterwegs ist, begegnet schnell den Begriffen „arktisch“ und „wild“. Doch es gibt Orte, die diese Worte noch einmal mit ganz besonderem Leben füllen. Einer dieser Orte ist Hornøya – eine kleine, unbewohnte Insel östlich von Vardø, Norwegens östlichster Stadt, nur wenige Kilometer vom russischen Festland entfernt. Im Frühjahr erwacht der karge Felsen aus seiner Winterruhe, wenn Hunderttausende Seevögel von ihren Winterquartieren zurückkehren, um an den steilen Klippen zu brüten. Ich habe nicht sehr viele vergleichbare Orte gesehen und kann euch einen Besuch wärmstens empfehlen. Hier lest ihr, was euch auf der Vogelinsel Hornøya als einem der besten Orte für Vogelfotografie in Norwegen erwartet und ihr erhaltet zudem viele praktische Tipps.

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Birdwatching Hornøya
Birdwatching Hornøya

Hornøya/Reinøya  – Vogelfelsen in der Barentssee

Schon bei der Anfahrt mit dem Boot hört man das Kreischen der Vogelkolonien. Über den Wellen kreisen Dreizehenmöwen, während auf den Felsvorsprüngen Papageitaucher mit orangefarbenen Füßen und buntem Schnabel landen. Es ist eine der dichtesten Seevogelkolonien Norwegens und ein Naturschauspiel, das einem vor Staunen den Mund offen stehen lässt. Schon beim Verlassen des Bootes bin ich überwältigt von der schieren Anzahl der Vögel auf den Felsen und in der Luft über mir. Ich brauche eine Weile bis ich mich gefasst habe und meine ersten Schritte auf dem Besucherweg mache.

Der Pfad, der über die Insel führt, ist schmal und an vielen Stellen schlammig. Links und rechts brüten Vögel in jeder Felsspalte. Ich hocke mich auf einen Felsen. Neben mir landet eine Gryllteiste, keine zwei Meter entfernt, so vertraut, als wäre der Mensch hier nichts weiter als ein Teil der Landschaft. Schnell verliere ich mich im Fotografieren und vergesse die Zeit. Es ist, als hätte die Insel ihre eigene Uhr.

Selbst die Treppen zur Schutzhütte sind von den Krähenscharben in Beschlag genommen.

Geschichte der Inseln Hornøya/Reinøya

Hornøya und Reinøya blicken auf eine lange Nutzungsgeschichte zurück. Schon im Mittelalter dienten die Inseln den Bewohnern von Vardø als wichtige Nahrungsquelle: Eier und Seevögel wurden von den steilen Klippen gesammelt, ihre Federn und Daunen als Handelsware genutzt. Diese Form der Nutzung hielt sich über Jahrhunderte und war für die Versorgung der Bevölkerung in der kargen Arktis von großer Bedeutung. Gleichzeitig fungierten die Inseln als Landmarke für die Fischerei und die Schifffahrt in der Barentssee und markierten als östlichste Punkte Norwegens auch eine strategisch wichtige Position nahe der russischen Grenze. Mit dem Rückgang der traditionellen Nutzung und dem wachsenden Bewusstsein für den Wert ungestörter Brutkolonien begann sich die Einstellung gegenüber den Inseln im 20. Jahrhundert zu ändern. 1983 wurden Hornøya und Reinøya schließlich zum Naturschutzgebiet erklärt, um die bedeutenden Seevogelbestände dauerhaft zu sichern und das empfindliche Ökosystem vor Störungen zu bewahren.

Vogelfotografie Hornøya
Bitte nicht stören! Auch wenn die Vögel noch so nah dran sind: Solche Szenen fotografiert man mit viel Rücksicht, Respekt und einer langen Brennweite.

Geologie und Klima

Die Inseln Hornøya und Reinøya bestehen überwiegend aus Sedimentgesteinen, vor allem aus Schiefer und Sandstein, die während des Devon vor rund 400 Millionen Jahren abgelagert wurden. Durch Verwitterung und Erosion entstanden markante Klippen, die an den Westseiten 20 bis 30 Meter hoch aufragen und ideale Brutplätze für Seevögel bieten. Die Gesteinsschichten sind Teil der geologischen Strukturen des Varanger-Halbinselgebietes und dokumentieren die geologische Entwicklung der Finnmark. Das Klima der Inseln ist stark von der Lage in der Barentssee geprägt: Es herrscht subarktisches Meeresklima mit langen, kalten Wintern und kurzen, kühlen Sommern. Trotz der hohen Breitenlage verhindern die Einflüsse des Nordatlantikstroms, dass die See dauerhaft zufriert. Die Inseln sind häufig starken Winden, Nebel und raschen Wetterumschwüngen ausgesetzt, was die Vegetation auf wenige, salz- und kälteresistente Arten wie Moose, Flechten und niedrige Kräuter beschränkt. Die klimatischen Bedingungen und die kargen Böden erklären, warum die Inseln fast baumlos sind und die Lebensräume weitgehend von Felsen und spärlicher Tundrenvegetation geprägt werden.

Vogelfotografie Hornøya

Das Vogel-Eldorado auf Hornøya/Reinøya

Auf den Inseln Hornøya und Reinøya brütet eine der größten und artenreichsten Seevogelkolonien Norwegens. Jedes Frühjahr und Sommer kehren mehr als 50.000 Brutpaare zurück, um die steilen Klippen, Felssimse und Erdhöhlen als Nistplätze zu nutzen. Besonders zahlreich vertreten sind Dreizehenmöwen mit über 25.000 Paaren, Trottellummen mit rund 15.000 Paaren sowie etwa 11.000 bis 16.000 Papageitaucher, die ihre Bruthöhlen in den Gras- und Erdschichten der Insel graben. Daneben sind auch Gryllteisten, Tordalken, Dickschnabellummen und Eissturmvögel feste Bestandteile der Kolonie. Krähenscharben, Kormorane und verschiedene Möwenarten wie Herings- und Mantelmöwen besetzen die Felsen und Küstenabschnitte. Die enorme Vielfalt und Dichte der Vögel machen Hornøya und Reinøya zu einem der wichtigsten Brutplätze in der Barentssee und zu einem international bedeutsamen Vogelschutzgebiet.

Je länger ich die Kolonie betrachte, desto faszinierender erscheinen mir die Überlebensstrategien der Vögel. Die Trottellummen legen ihre Eier direkt auf nackten Fels, birnenförmig, damit sie nicht davonrollen. Papageitaucher nutzen ihre kräftigen Schnäbel, um Bruthöhlen in die Erde zu graben – perfekte Kinderstuben gegen Wind und Kälte. Jedes kleine Verhalten hat hier einen Sinn. Nichts ist zufällig, alles dient dem Fortbestand in dieser rauen Welt. Das Leben hier ist ein Wettlauf mit der Zeit: Innerhalb weniger Monate müssen die Vögel ihre Jungen großziehen, bevor die Herbststürme über die Barentssee fegen.


Die Papageientaucher auf Hornøya 

Der Clown unter den Seevögeln

Papageientaucher (Fratercula arctica) gehören zu den bekanntesten und gleichzeitig charismatischsten Seevögeln des Nordens. Mit ihrem leuchtend bunten Schnabel, den ausdrucksstarken Augen und dem watschelnden Gang erinnern sie an kleine, geflügelte Clowns.

Den größten Teil ihres Lebens verbringen Papageitaucher auf offener See und kehren nur zur Brutzeit an die Küsten zurück. Ihr Gefieder ist wasserabweisend, ihr Körper stromlinienförmig – perfekt für das Tauchen. Tatsächlich können Papageientaucher bis zu 60 Meter tief tauchen, um Fische zu jagen. Ihre Flügel, die in der Luft eher unbeholfen wirken, dienen unter Wasser als starke Ruder. Auch ihre Schnabelform ist funktional: Dank spezieller Widerhaken können sie mehrere Fische gleichzeitig transportieren. Ein klarer Vorteil bei der Aufzucht ihres Nachwuchses mit den kleinen Sandalen, welche die bevorzugte Beute sind.

Die Population der Papageientaucher auf Hornøya  wird auf etwa 5.000 bis 7.000 Brutpaare geschätzt. In den letzten Jahrzehnten gab es allerdings Schwankungen in der Anzahl der brütenden Vögel, da verschiedene Umweltfaktoren die Bestände beeinflussen. Während die Insel nach wie vor ein bedeutender Brutplatz ist, stehen Papageientaucher in anderen Teilen Europas unter starkem Druck, und einige Kolonien sind bereits erheblich geschrumpft.

Puffin Hornøya

Der Jahreszeitenwechsel und fotografische Highlights

Die Papageientaucher kehren im Frühjahr, meist im März oder April, nach Hornøya zurück, um ihre Brutplätze zu besetzen. Besonders spannend für Fotografen ist die Zeit im März, wenn die ersten Männchen auf der noch schneebedeckten Insel eintreffen. Sie wissen genau, wo ihre Bruthöhle unter dem Schnee verborgen liegt und verteidigen diese vehement gegen Konkurrenten. Den Männchen folgen die weiblichen Papageientaucher an Land und suchen ihren Gefährten, der schon treu auf die Partnerin wartet. Papageientaucher sind monogam und bleiben bis an ihr Lebensende zusammen.

Im Sommer, wenn die Küken geschlüpft sind, herrscht reges Treiben auf der Insel. Die Eltern bringen unermüdlich Fische herbei, und es lassen sich eindrucksvolle Flugaufnahmen machen. Der Moment, wenn ein Papageientaucher mit einem Schnabel voller kleiner Sandaale zur Landung ansetzt, ist ein begehrtes Motiv unter Fotografen.

Im Spätsommer verlassen die Papageientaucher die Insel. Die Jungvögel verlassen ihre Nester und begeben sich auf ihre erste große Reise aufs offene Meer. Die Altvögel verlieren dann nach und nach ihre leuchtenden Farben, was den endenden Jahreszyklus markiert.

Puffin Hornøya

Gefährdungen und Schutzmaßnahmen

Trotz ihrer hohen Bestandszahlen stehen Papageientaucher vor zahlreichen Herausforderungen. Eine der größten Bedrohungen ist der Rückgang ihrer Nahrungsquellen. Der Klimawandel verändert die Meeresströmungen und beeinflusst die Bestände kleiner Fische wie Sandaale, die für Papageientaucher essenziell sind. In einigen Gebieten sind Nahrungsmangel und geringe Überlebensraten der Küken ein ernsthaftes Problem.

Auch weitere menschliche Einflüsse setzen den Beständen zu. Überfischung, Umweltverschmutzung und Störungen durch Tourismus können sich negativ auf die Brutkolonien auswirken. In manchen Regionen sind Papageientaucher zudem Opfer von Beifang in Fischernetzen, was ihre Bestände weiter reduziert.

Um diesen Bedrohungen entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Schutzmaßnahmen. In vielen Brutgebieten, darunter Hornøya, wurden Schutzgebiete eingerichtet, in denen der Zugang streng reglementiert ist. Zudem setzen sich Naturschutzorganisationen für die Reduzierung des Beifangs und nachhaltige Fischereipraktiken ein. Auch Monitoring-Programme helfen dabei, die Bestände langfristig zu beobachten und notwendige Schutzmaßnahmen anzupassen.


Ein Ort, den man wieder sehen will

Als unser Boot am späten Nachmittag zurück nach Vardø ablegt, ist die Vogelkolonie noch genauso laut wie am Morgen. Ich schaue zurück – auf die dunklen Klippen, den kleinen weißen Leuchtturm, und die Wolken, die sich über der Barentssee türmen. Schon jetzt weiß ich, dass ich ganz bestimmt bald wieder hierher kommen werde. Am liebsten dann, wenn auf der Insel noch Schnee liegt und die ersten Papageientaucher um die besten Bruthöhlen kämpfen.


Büchertipps für Vogelfreunde und Fotografen

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Fototipps für Hornøya

Licht & Jahreszeit

  • Im Frühjahr (März/April) herrscht oft klares, kontrastreiches Licht – perfekt für Aufnahmen von Papageitauchern im Schnee.
  • Im Sommer sind die Tage lang, fast endlos hell. Wer auf der Insel im Leuchtturm übernachtet, kann das weiche Licht am Morgen und Abend nutzen.

Ausrüstung

  • Teleobjektiv für Detailaufnahmen einzelner Vögel.
  • Weitwinkel, um die gewaltigen Kolonien und die Steilküsten in Szene zu setzen.
  • Wetterschutz für die Kameraausrüstung und sich selbst. Die Wege waren extrem schlammig, so dass Gummistiefel keine schlechte Idee sind.

Verhalten & Respekt

  • Die Insel darf nur entlang der markierten / abgezäunten Wege betreten werden. Nie von den Wegen abweichen – jede Störung kann ein Nest gefährden.
  • Geduld ist der Schlüssel: Oft kommen die Vögel von selbst sehr nah.

Praktische Reiseinformationen

Anreise

  • Flug: Die nächstgelegene Stadt ist Vardø, erreichbar über den kleinen Flughafen Vardø Svartnes (via Tromsø oder Kirkenes).
  • Schiff: Alternativ legt die Hurtigruten-Postschifflinie täglich in Vardø an.
  • Auto: Die Anreise mit dem Auto lohnt sich, denn am Ufer des Varangerfjords führt eine National Scenic Route entlang mit vielen interessanten Zwischenstopps. Mehr dazu in meinem Artikel Varanger Fjord: Hexen, Street Art, Wildlife an der National Scenic Route.
  • Zur Insel: Von Vardø aus fährt in der Saison (meist März bis August) ein kleines Boot mehrmals täglich nach Hornøya. Die Überfahrt dauert etwa 10 Minuten. Tickets gibt es bei der Touristeninformation am Hafen. Mehr Informationen gibt es hier.

Übernachtung

  • In Vardø gibt es diverse kleine Hotels und Gästehäuser.
  • Auf Hornøya gibt es die Möglichkeit, im Leuchtturm zu übernachten.
Der Leuchtturm auf Hornøya

Reisezeit

  • März bis August: Dann ist das Vogelparadies lebendig. Im März kehren die Papageitaucher zurück, im Juli sind die Kolonien am dichtesten.

Weitere Aktivitäten in der Region

  • Vardø: Die östlichste Stadt Norwegens bietet spannende Geschichte – hier findet man z. B. das Denkmal für die Opfer der Hexenprozesse (Steilneset Memorial), verschiedene Museen und Vardøhus Festung, eine sternförmige Festungsanlage aus dem 18. Jahrhundert. Abends lohnt ein Besuch im Nordpol Kro, wo bereits Nansen sein Bier trank.
  • Landschaftlich besonders schöne Fahrt zu dem alten Fischerort Hamningberg mit guten Chancen, Rentiere zu sehen.
  • Vogelbeobachtung: Auch auf den Nachbarinseln und entlang der Küsten von Varanger finden sich hervorragende Birdwatching-Möglichkeiten mit Chancen auf seltene arktische Vogelarten. Es gibt zahlreiche Beobachtungshütten.
  • Nordlicht: Von September bis März gibt es Chancen auf Nordlicht.

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