Finnland. Nach zwei Monaten Husky-Guide-Training bei Hetta Huskies im Norden Finnlands bin ich zurück in Deutschland. “Wie wars?” fragen mich meine Leute daheim. Was soll ich sagen? Ich denke nach und fange an: “Es war herausfordernd, anstrengend und schmerzhaft… und es gab rund 190 Gründe, dabei zu lächeln.” Am Tag meiner Abreise sogar noch drei mehr: die Hündin Puna hat Nachwuchs bekommen. Drei winzige, blinde Welpen liegen neben ihr in der Dusche auf Zeitungspapier. Für einen kurzen Moment halte ich das Erstgeborene in meiner Hand. Ein Mädchen. Winzige, spitze Krallen pieken in meine Haut. Die Kleine sucht quiekend nach Milch. Mit ihrem schwarz-weiß gemusterten Fell erinnert sie mich an einen kleinen Panda.
Zur Einstimmung
Ein paar Fotos von meinen ersten zwei Wochen Husky-Guide-Training bei Hetta Huskies. Die Motive waren Programm: Hunde, Hunde im Schnee, Hunde vorm Schlitten, Hunde bei einer Pause…
Auf den Hund gekommen
Es wird nicht lange dauern und die Krallen der drei Welpen von Puna werden sich an Hundebetten, Decken, T-Shirts, Pullis, Hosen und sonstigem zu schaffen machen. Gerne werden sie auch eingesetzt, um die Guides morgens aus dem Bett zu scheuchen, manchmal in Kombination mit wildem Abschlecken. Morgens, wenn meine Glieder noch steif von der Arbeit am Vortag waren und es mir Mühe machte, die Socken anzuziehen. Oft bin ich barfuß in meine Gummistiefel geschlüpft und hab meine zwei Zimmerhunde im Nachtzeug zum Pinkeln raus geführt während meine eigene Blase noch drückte. Danach, beim Kaffee und Müsli, haben sie mich mit ihren braunen oder blauen Hundeaugen erwartungsvoll angeschaut.
Ich vermisse die Hunde um mich rum. Das dies so schnell geht, hätte ich nicht gedacht. Doch mit jedem Gassi gehen, Füttern, Zähne bürsten oder Schlitten fahren lernt man die Hunde mit ihren ganz eigenen Persönlichkeiten besser kennen und baut Vertrauen und Bindungen zu ihnen auf.
Was mir als Hunde-Neuling geholfen hat, schnell mit den Hunden warm zu werden: Ich bin vorher zur Hundeschule gegangen…das ging auch ohne Hund. Die Mädels von der Hundeschule Dogxytocin haben mein Vorhaben mit einem speziell auf mich zugeschnittenen Theorietraining unterstützt. Außerdem konnte ich bei den Trainings auf dem Hundeplatz zuschauen. Danke nochmals dafür! Weiter unten lest ihr mehr Details zu meinen Vorbereitungen auf das Husky-Guide-Training.
Zwei Monate & Tausend Erfahrungen
Ich schaue meine Fotos durch und erlebe die zwei Monate bei Hetta Huskies erneut. Hab ich das wirklich alles gemacht? Wie passt das alles in nur zwei Monate?
Anfang April, als ich auf der Farm eintraf, lag noch massig Schnee. Die letzten Multiday-Schlittentouren liefen und ich hatte die Gelegenheit, drei Tage mitzufahren. Mit den Hundeschlitten ging es über Eis, durch tiefen Schnee, durch Matsch und Wasser. Mit der Zeit änderte sich die Landschaft von weiß über braun zu grün. Die ersten Blumen blühten, das Thermometer zeigte bis zu 28 Grad Celsius und die Mückenstiche bei Mensch und Hund wurden ab Anfang Juni immer zahlreicher.
Die Arbeit mit den Hunden bestimmte unsere Tage. Füttern, Wasser geben, Einstreu prüfen, Käfige und Hundehütten säubern und wenn nötig reparieren, Futter zubereiten, Medikamente geben, Fell und Zähne bürsten, Zahnstein entfernen, Nägel schneiden, streicheln, lieb haben und vieles mehr. Daneben gab es jede Menge anders zu tun, wie Ausrüstung reparieren, Computerarbeit oder Farmtouren für Gäste geben. Nach 12 bis 14 Stunden Arbeit war dann öfters noch lange nicht Feierabend. Dann gings mal in die Sauna mit Eislochbaden, Paddeln an die Eiskante, mit den Snowmobilen zu einer Wilderness Hütte, Würstchen grillen überm Lagerfeuer, zum Strand, Löffel schnitzen oder abendliche Wanderungen mit den Hunden.
Körperliche Arbeit im Freien – alles Gewöhnungssache?
Wo die Energie für die viele Arbeit herkam? Hmm, ich glaub, da ist einiges an Energie und Adrenalin von den Hunden auf uns Guides übergesprungen. Dazu halfen Kaffee, Schokolade, riesige Nudelportionen und die Dynamik der Gruppe. Abends bin ich geschafft ins Bett gefallen und hab wie ein Stein geschlafen…nachdem ich es irgendwie in die obere Etage meines Doppelstockbetts geschafft habe (die ersten drei Wochen). Ich dachte immer, ich bin recht fit für mein Alter. Klar, ich sitze viel vor dem Computer, mache aber fast täglich Sport, jogge viel und gehe Trekkingtouren mit schwerem Rucksack. Doch ich fühlte mich die ersten drei Wochen wie durch einen Mixer gedreht. Irgendwann wird sich mein Körper an die Arbeit gewöhnen, hoffte ich. Doch das dauerte deutlich länger als gedacht und funktionierte auch nicht immer…hätte ich das alles doch mal vor 20-25 Jahren gemacht…;-)
Reif fürs Sofa – Adoptionsprogramm bei Hetta
Nicht nur ich bin nach den zwei Monaten auf der Fram reif fürs Sofa. Einige der älteren Schlittenhunde hätten ebenfalls liebend gerne einen Platz auf dem Sofa. Für diese Hunde, oder auch für jüngere Hunde, die nicht als Schlittenhund arbeiten können oder wollen, führt Hetta Huskies ein Adoptionsprogramm. Viele Guides, Praktikanten oder Kunden verlieben sich in einen der Hunde und nehmen ihn bei sich zu Hause auf. Davor wird natürlich geprüft, ob es von beiden Seiten her auch passt. Manche warten dann wenn nötig auf “ihren” Hund, bis er in den Ruhestand geht. Die ältesten Hunde bei Hetta sind 15 Jahre alt. In Menschenjahre umgerechnet ist das ein stolzes Alter von etwa 90 Jahren. Sie verbringen bei Hetta ihre Tage meist im warmen bzw. mückengeschützten Haus oder zusammen mit anderen älteren Semestern im großen “Oldies-Gehege”.
Ob ich mich auch in einen Hund verliebt habe? Na klar, gleich in mehrere. Da war Maple, die einen immer wild begrüßt hat und nicht aufhören wollte zu spielen. Denali, der etwas schüchtern war und von einem norwegischen Racing Kennel an Hetta gegeben wurde, da er keine Rennen mehr lief. Cuillin, die ein weißer Kuschelhund ist oder die kleine Breeze mit ihren blauen Augen und ihrem eindringlichen Blick. Um nur einige zu nennen. Jeder der 190 Hunde auf der Farm war auf seine spezielle Art und Weise besonders und zum lieb haben. Es fiel mir verdammt schwer, die Farm ohne Hund zu verlassen.
Ethical Dog Care und Rescue Center
Ich habs eben schon ganz nebenbei erwähnt: einige Hunde, die auf anderen Farmen keinen Platz mehr haben, finden bei Hetta Huskies ein neues Zuhause. Das können Hunde aus Racing Kennels sein, überschüssige Welpen, schüchterne, kranke oder lauffaule Hunde. All diese Hunde sind bei Hetta Huskies ebenso gut aufgehoben und umsorgt, wie alle anderen Hunde. Nur weil sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen können, werden sie nicht aufgegeben. Genauso wenig werden alte Hunde einfach eingeschläfert, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben. So sollte es überall sein. Doch leider ist dies lange noch nicht selbstverständlich in der Hundeschlittenindustrie.
Ethical Dog Care auf hohem Standard wird bei Hetta Huskies groß geschrieben. Hunde, die auf anderen Farmen keinen “Platz” mehr haben werden bei Hetta als Rescue Center aufgenommen und entsprechend ihren Bedürfnissen versorgt und trainiert. Dafür arbeite ich am Tag auch gerne etwas länger. Eine Husky Farm, die ihre Hunde als Geschäftsinventar behandelt, käme für mich nicht in Frage. Weder zum Arbeiten, noch als zahlender Gast für Hundeschlittenerlebnisse.
Hat sich das Praktikum als Husky-Guide bei Hetta Huskies für mich gelohnt?
Ich könnte an dieser Stelle noch vieles mehr über mein Praktikum als Husky-Guide schreiben. Vielleicht hole ich dies später nach. Nun aber habe ich nicht viel Zeit bevor es für mich zum Wandern nach Schweden geht und es mir wichtig ist, den Artikel vorher online zu stellen. Das wichtigste ist gesagt und ich möchte es noch einmal zusammenfassen: Hetta Huskies im Norden von Finnland war für mich ein wunderbarer Ort zum Lernen (auch wenns manchmal hart war). Und zwar in vielen verschiedenen Ebenen:
- natürlich in erster Linie über Hunde und deren Bedürfnisse, Versorgung, Kommunikation, Training (inkl. medizinische Versorgung, Dog Check und Heat Check, Klammern von Wunden, Zähne bürsten, Zahnstein entfernen, Verbände wechseln…)
- über Hundeschlitten, Snowmobile und Quads (es war beeindruckend zu sehen, wie Snowmobile im Tiefschnee gefahren werden, umkippen und wieder ausgebuddelt und aufgerichtet werden können)
- ich gewann einen wagen Einblick in das Management einer Husky Farm
- Arbeit mit Kunden: ich war zwar außerhalb der Saison da, hatte aber am Anfang noch die Hundeschlittenfahrten als helfende Hand begleitet. Später machten mit die Farmtouren mit Gästen große Freude.
- Handwerkliches Arbeiten: es war ständig etwas zu reparieren, beispielsweise Hundehütten, Käfige, Zäune, Schlitten, Leinen, Hundegeschirre, Innenschuhe waren zu filzen oder Ausrüstung zu nähen.
- Arbeit in internationalen Teams mit interessanten, gleichgesinnten Leuten.
- Herausforderungen der arktischen Landschaft und das Leben in dieser über den Jahreszeitenwechsel
- die finnische Kultur
- Training von Outdoor skills
Mein Fazit
Kann ich ein Praktikum bei Hetta Huskies empfehlen? Unbedingt! Aber: man muss bereit sein, viel – also ich meine richtig viel – zu arbeiten, seine Privatsphäre weitgehend aufzugeben, und jeden Tag zu lernen. Je geschäftiger die Saison, umso mehr wird gefordert. Von den Hunden, den Kunden, der Chefin, dem gesamten Team und last but not least von der Arktis mit Temperaturen um die -40 °C in den kältesten Monaten. Hetta Huskies hat ein umfassendes Trainingsprogramm, von dem Unterlagen auch gerne vorab zur Verfügung gestellt werden. Das war für mich eine große Hilfe, so konnte ich mich vorab schon vorbereiten und kannte bereits einige der Hunde.
Vorbereitungen: Handwerk, Hundeschule und Huskyhof
– “Ich hab am Wochenende keine Zeit, ich habe Hundeschule”
– “Aber du hast doch gar keinen Hund”
– “Stimmt… Aber bald habe ich fast zweihundert”
– “Wie???”
– “Ich mache ab April ein Praktikum auf einer Huskyfarm in Finnland”…sage ich und grinse dabei wie ein Honigkuchenhund 🙂
Wie heißt es so schön? Man lernt fürs Leben… Doch zuerstmal lerne ich für den Hund: um mich vorzubereiten gehe ich zur Hundeschule. Die Mädels von Dogxytocin finden meine Idee klasse und haben für mich ein Programm aufgestellt. Ich lerne Basics zur Domestikation und Lerntheorie. Weiter gehts mit dem Ausdrucksverhalten des Hundes und zur Kommunikation Hund-Hund und Hund-Mensch. Ich lerne, wie ein Hund beschwichtigt, was ein “Kiss to Dismiss” ist und vieles mehr.
Auf dem Huskyhof in Frankendorf habe ich dann schließlich Gelegenheit, einigen Sibirischen Huskys näher zu kommen. Ich fahre das erste mal ein Gespann mit drei Hunden und später auch mit zehn Tieren. Wahnsinn, was die für eine Kraft haben.
Neben der Arbeit mit den Hunden wird es auch auf der Farm oder auf Tour allerlei handwerklich zu tun geben: allgemeine Instandhaltung, Reparaturen oder Neubau von beispielsweise Hundehütten, Zäunen, Schlitten… Um handwerklich etwas fitter zu werden und neue Handwerkzeuge kennen und benutzen zu lernen, gab es für mich noch etwas extra Unterricht im Rahmen meiner Ausbildung zum Wilderness Guide bei der Guide Academy Europe.
Kiitos! Das ist Finnisch und bedeutet “Danke!”
An alle, die mir bei meinen Vorbereitungen geholfen haben, an dieser Stelle meinen herzlichen Dank! Ein weiteres großes Dankeschön geht insbesondere an meine Chefs und meine Kollegen, die mir eine Freistellung vom Job und damit diese Erfahrung bei der Huskyfarm ermöglichen.
Kiitos auch an Anna, die Besitzerin von Hetta Huskies, an Tim, den Handwerks-Chef der Farm sowie an alle Guides, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Last but not least mein großer Dank auch an Maple, Denali, Cuillin, Breeze, Tim Tam, Domino, Thunder, Smeagol, Shadow, Sirbma, Unni, Yukon, Quest, Cherry, Solfrid, Jumbo, Elsa, Tinder, Starsky und alle weiteren wunderbaren Huskies, die ich kennenlernen durfte!
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