Deutschland. Die Schreie der Vögel hallen wie ein wildes Konzert über das Rote Kliff. Unten tobt die Nordsee, oben drehen weiße Silhouetten im Wind ihre Kreise. Ich stehe auf dem Oberland von Helgoland, Deutschlands einziger Hochseeinsel, und blicke auf den berühmten Lummenfelsen während über mir die Basstölpel kreisen. Direkt neben mir, nur ein paar Zentimeter neben der Absperrung, sitzen die großen weißen Vögel auf ihren Nestern. Es ist Ende Mai. Während einige Tölpel ihr einziges Ei noch mit ihren großen Füssen umschließen und wärmen, hocken bei anderen Brutpaaren schon Küken in den Nestern. Manche winzig klein, andere schon so groß, dass es eng wird im Nest.
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Die Könige der Klippen: Basstölpel
Sie sind nicht zu übersehen: Die majestätischen Basstölpel (Morus bassanus), die mit ihrer Spannweite von fast zwei Metern über das Meer segeln. Ihre schneeweißen Körper, schwarzen Flügelspitzen und gelblich getönten Köpfe machen sie zu auffälligen Erscheinungen. Helgoland ist der einzige Ort in Deutschland, an dem diese großen Meeresvögel brüten – und das erst seit 1991. Inzwischen sind es über 1.500 Brutpaare.


Basstölpel werden erst im Alter von etwa fünf Jahren geschlechtsreif. Einmal verpaart, bleiben sie lebenslang zusammen. Auch ihren Nistplatz suchen sie Jahr für Jahr wieder auf und bauen diesen weiter aus. So entstehen imposante Nester, die über die Jahre mehr als 50 Kilogramm schwer werden können – mit einem hohen Anteil an unverrottbarem Kunststoff.
Im Frühling kehren die Basstölpel an ihre Nistplätze auf Helgoland zurück. Nach der Paarung legt das Weibchen ein einzelnes Ei, das etwa 6–8 Wochen bebrütet wird. Es dauert etwa drei Monate, bis der Jungvogel flügge ist. Junge Basstölpel sind zunächst dunkel gefleckt und werden erst mit der Zeit heller, bis sie das typische weiße Gefieder der erwachsenen Tiere tragen.


Basstölpel führen eine intensive Paarbindung. Bei jeder Rückkehr zum Nest begrüßen sich die Partner liebevoll: Sie reiben ihre Schnäbel aneinander und pflegen gegenseitig ihr Gefieder – ein rührender Anblick, der tolle Fotogelegenheiten bietet.




Tipps für Naturbeobachter und Fotografen
Alle an den Klippen brütenden Seevogelarten kommen nur zum Brüten und zur Aufzucht der Küken auf die Insel. Den Großteil ihres Lebens verbringen sie auf dem offenen Meer. Die beste Zeit, um die Seevögel beim brüten zu beobachten ist zwischen Mai und Juli. Mitte Juni gibt es ein ganz besonderes Highlight: den “Lummensprung”. Dann springen die jungen, noch flugunfähigen Lummen von den Klippen hinab ins Wasser. Der Verein Jordsand bietet zu dieser Zeit spezielle Führungen an.
Der „Lummenfelsen“ kann über den ausgebauten Klippenrandweg besucht werden. Fernglas und Teleobjektiv lohnen sich, um auch Details der entfernteren Nester von den Lummen und Tordalken zu erkennen. Die Nester der Basstölpel reichen bis an den Zaun am Wegesrand heran, wo man die Vögel aus nächster Nähe beobachten kann. Fotografen können hier tatsächlich auch ein Weitwinkelobjektiv einsetzen und mit neuen Perspektiven experimentieren.
Wie immer bei der Tierfotografie lohnt es sich, Zeit und Ausdauer mitzubringen. Denn nur so erkennt man die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Tiere und hat die Möglichkeit, sie zu verschiedenen Tageszeiten oder Wetterbedingungen zu erleben. So verhält sich die Kolonie bei Wind ganz anders als bei stehender Hitze. Sie sind bei Wind viel aktiver, während sie bei Hitze ihre geöffneten Schnäbel hochhalten, hecheln und auch ihre Küken nicht mehr wärmen. Dann kann man Küken in allen Größen sehen. Außerdem spielt die Windrichtung für die Fotogelegenheiten eine Rolle, denn die Tölpel landen immer gegen den Wind. Bei auflandigem Wind stehen sie also eine ganze Weile über den Beobachtungsplattformen und können sehr gut im Flug fotografiert werden. Aber Achtung, man hat schnell weiße Flecken auf der Kleidung.
Außerdem: wer reichlich Zeit und Platz auf der Speicherkarte hat, bekommt hier am Lummenfelsen auf Helgoland tolle Möglichkeiten für kreative Fotografie oder um einfach mal was Neues auszuprobieren:
- High-Key Aufnahmen während des gleißend hellen Mittagslichts
- Low-Key Aufnahmen und Gegenlichtaufnahmen
- Detailbilder von Federn, Augen, Krallen
- Mehrfachbelichtungen
- Leerer Raum
- Durch Gras oder Gebüsch fotografieren oder die Linse mit etwas teilweise abdecken (Blumen, Federn, Prismen)
Bringt euch genug Getränke und was zu Essen mit. Bis zur nächsten Gaststätte bzw. bis zum Edeka und auch bis zur nächsten Toilette läuft man gute 800 Meter. Sonnencreme und Windschutz nicht vergessen, denn dort am Klippenrandweg gibt es keinen Schatten und nichts, wo man sich unterstellen kann. Nur auf der benachbarten Wiese kann man in den Geländemulden etwas Windschutz finden.
Hier sind ein paar meiner Lieblingsbilder:












Plastikmüll in der Hochseevogelkolonie
Helgoland ist einzigartig. Die 60 Kilometer vom Festland entfernte Insel liegt mitten in den fischreichen Strömungen der Deutschen Bucht – einem Hotspot für marine Artenvielfalt. Hier finden Seevögel Nahrung in Form von Schwarmfischen und Krustentieren. Die roten Buntsandsteinfelsen bieten ihnen sicheren Brutraum, frei von Landraubtieren. Gerade weil Helgoland so isoliert ist, konnte sich hier die einzige Hochseevogelkolonie Deutschlands behaupten.
Trotz der Schönheit des Lummenfelsens hat Helgoland auch eine tragische Seite. Die Basstölpel bauen ihre Nester aus natürlichen Materialien wie Algen, Seegras und ausgerupften Grasbüscheln – aber leider auch aus Plastikresten und Netzfragmenten. Aus nächster Nähe kann ich in die Nester blicken. Ich erkenne deutlich die orangefarbenen und blauen Fasern von Polypropylenseilen, Reste von Fischernetzen und Plastikschnüren. Was wie farbige Deko aussieht, ist tödlich: Immer wieder verheddern sich Alt- oder Jungvögel darin. Die Netze schneiden tief ins Gewebe oder führen zum qualvollen Tod durch Strangulation oder Verhungern. Viele Seevögel verwechseln außerdem Plastik mit Nahrung und verfüttern es an ihre Küken, die dann mit vollem Magen verhungern.
Auf Helgoland gehen Expertenschätzungen zufolge etwa 60 Basstölpel und rund 100 Trottellummen jährlich durch Netzreste zugrunde. Die Folgen reichen von Verletzungen über Organversagen bis hin zu massivem Bruterfolgverlust. Eingreifen ist in der Regel nicht möglich, denn wenn man sich den Nestern zur Rettung eines Tieres nähern würde, dann würden benachbarte Küken panisch fliehen und möglicherweise in die Tiefe stürzen.




Weitere Bewohner der Klippen: Trottellummen, Tordalke, Dreizehenmöven und Eissturmvogel
Die Trottellumme (Uria aalge) ist der Namensgeber des Lummenfelsens. Sie sehen aus der Entfernung wie kleine Pinguine aus, auch wenn sie natürlich flugfähig sind. Ihre Eier legen sie ohne ein Nest zu bauen direkt auf den Fels. Die birnenförmige Gestalt des Eis verhindert ein Herunterrollen. In der Kolonie herrscht Gedränge, lautes Rufen und hektisches Flattern. Doch zwischen den Tönen des Lebens sehe ich auch mehrere tote Trottellummen, die in Nylonnetzen am Rande des Kliffs baumeln. Die Vögel haben sich in den Plastikfasern verfangen und hängen nun als stilles Mahnmal nur wenige Meter vom Weg entfernt.



Etwas abseits der Lummen nisten einige Tordalke (Alca torda). Sie sind an ihrer tiefen Schwarzfärbung und dem auffällig weißen Streifen entlang des Schnabels gut zu erkennen. Tordalke brüten seit den 1980er Jahren auf Helgoland und nutzen dafür kleine Steinansammlungen als Nester. Auch Dreizehenmöwen (Rissa tridactyla) gehören zur Brutgemeinschaft an Helgolands Felsen. Sie brüten in Deutschland ausschließlich auf Helgoland und bauen kleine Nester an geschützten Nischen, oft aus Algen und Gras. Aber auch sie nutzen Plastik, wenn sie es finden. Zwischen den Möwen sehe ich auch ein paar Eissturmvögel (Fulmarus glacialis), elegante Segler der Nordsee mit grauen Flügeln und röhrendem Ruf.
Schutzmaßnahmen für die Seevögel
Helgoland und seine Vogelfelsen stehen unter strengem Schutz. Der Lummenfelsen ist Teil eines Naturschutzgebietes, Besucher werden über feste Wege gelenkt, Füttern der Tiere, Drohnen und Klettereien sind verboten. Forschungsstationen wie das „Institut für Vogelforschung“ und Initiativen wie der Verein „Jordsand“ engagieren sich für Monitoring, Müllsammelaktionen und Aufklärung. Einige der Netzfallen an den Felsen werden regelmäßig entfernt – ein mühsamer, aber wichtiger Beitrag.
Zudem setzt sich die EU im Rahmen der Meeresstrategie-Richtlinie für die Reduktion von Plastikmüll und „Geisternetzen“ ein – verlorene oder absichtlich entsorgte Fischernetze, die weiterfangen und töten. Doch solange Fischereiabfälle und anderer Plastikmüll weiter ins Meer gelangen, bleibt das Problem akut. Jeder kann mithelfen – sei es durch plastikfreies Konsumverhalten, Spenden oder Aufklärung.
Praktische Informationen
Anreise
Die Anreise ist im Sommer mit dem Halunderjet der FRS-Helgoline von Hamburg oder Cuxhaven möglich. Die Reederei Cassen-Eils fährt von Cuxhaven, Bremerhaven, Büsum und Langeoog. Im Winter fährt nur das Boot der Reederei Cassen Eils von Cuxhaven. Die Anreise nach Helgoland ist ab November ausschließlich ab Cuxhaven mit der Reederei Cassein Eils möglich.
Ich bin von Hamburg mit dem Halunderjet nach Helgoland gefahren. Auf dem Schiff gab es sogar USB-Anschlüsse an den Sitzen und einen Imbiss. An den Landungsbrücken kann man für ein paar Euro einen Gepäckservice hinzubuchen. Dann wird das Gepäck vom Schiff direkt zur Unterkunft gebracht. Ich ließ meine Tasche bis zum Campingplatz Düne bringen. Das dauerte eine Weile und ich nutzte die Zeit, um meinen ersten Strandspaziergang zu machen.

Übernachtung
Ich empfehle euch auf jeden Fall mehrere Tage auf Helgoland zu bleiben. Ich hatte drei Tage für die Basstölpel eingeplant und aufgrund unterschiedlichen Wetters (Wind, Windrichtung, Temperatur) war das Verhalten der Basstölpel jedes Mal anders.
Übernachtungen auf der Hauptinsel sind extrem teuer. Die besten Chancen auf gute Preise hat man, wenn man sehr früh bucht (viele Monate vorher) oder ebenfalls frühzeitig ein Zimmer in der Jugendherberge ergattert. Wenn ihr eure Unterkunft bei Booking.com buchen wollt, dann würde ich bei einer Buchung über diesen Affiliate-Link eine kleine Provision bekommen und ihr helft mir, Fernweh-Motive zu betreiben. Für euch wird es nicht teurer.
Wer die frühzeitige Buchung verpasst hat, aber trotzdem nicht bis zum nächsten Jahr warten möchte, der kann auf der Nebeninsel Düne sein Zelt aufstellen. Ihr braucht Sandheringe und extra Abspannleinen, denn es kann sehr windig werden. Schützt eure Fotoausrüstung vor dem Sand. Es gibt eine Ladestation für Handys und Kameraakkus auf dem Campingplatz. Die zehn Buchsen sind jedoch meist besetzt und es funktionierenn auch nicht alle. Weitere Steckdosen gibt es in dem Aufenthaltsgebäude am Hafen. Hier kann man gemütlich sitzen und auch seine mitgebrachten Snacks essen. Eine Küche ist auf dem Campingplatz nicht vorhanden. Ich hab mich daher über meinen mitgebrachten Kocher gefreut, der morgens meine Kaffeeversorgung sichergestellt hat.
Ein Nachteil der Übernachtung auf der Düne ist, dass ihr an die Zeiten der Dünenfähre gebunden seid und dadurch das frühe und späte Licht am Lummenfelsen verpasst. Tickets für die Hin- und Rückfahrt kosten 6 Euro (Stand 2025). Ein Vorteil ist: ihr seid nah an den Kegelrobben, die manchmal am Strand, direkt vor dem Campingplatz liegen.
Gepäckaufbewahrung
Auf der Hauptinsel gibt es am Schalter der Dünefähre eine kostenlose Gepäckaufbewahrung.
Verpflegung
Auf der Hauptinsel gibt es sowohl im Ober- als auch im Unterland je einen Edeka Markt und zahlreiche Gaststätten. Viele haben jedoch erst geöffnet, wenn die Schiffe mit den Tagesgästen am späten Vormittag / gegen Mittag ankommen. Auf der Düne gibt es zwei Gaststätten und einen kleinen Shop im Flughafengebäude.
Weitere Aktivitäten in der Umgebung
- Bootsfahrten & Segeltouren von April bis Oktober
- Themenwege um die Insel für eigene Entdeckungen (Geschichte, Kultur, Natur, Architektur)
- Geführte Touren: Inselrundgang, Naturkundliche Führungen, Bunkerführung, Dünenführung, Hummerstation, Führung durch den Fanggarten des Instituts für Vogelforschung, Städtebaulicher historischer Rundgang
- Museum Helgoland mit original nachgebauten Hummerbuden und Leuchtturm
- Bunkerstollen im Unterland
- Robben beobachten auf der Nachbarinsel Düne

Büchertipps für Vogelfreunde
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Ihr wollt gleich noch mehr Vögel beobachten? Dann schaut euch mal meinen Artikel über Birdwatching in Linum und über die Insel Neuwerk – Birdwatching im Hamburger Wattenmeer an.